Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (I867 bis 1870) 225 
— zufolge einer Aufzeichnung des Grafen Tauffkirchen —, er habe mit Beust 
am 4. April abends gesprochen. Beust habe gesagt: mit Frankreich sei er 
in keiner Weise engagiert. Wohlwollende Neutralität liege in der Natur 
der Dinge. Sich selbst in die Aktion zu engagieren, habe Oesterreich zur- 
zeit kein Motiv. Ja, wenn Preußen zu Gegenleistungen bereit wäre. 
Namentlich in der orientalischen Frage durch Sicherstellung gegen eine 
Besetzung Bulgariens durch Rußland. Man habe aber Beweise, daß 
Preußen den Bestrebungen der Regierung im Lande feindlich entgegentrete. 
Dies müsse jedenfalls aufhören. Ueberhaupt müsse Preußen selbst kommen. 
Bayern habe durch die Verträge die zu einer Vermittlerrolle nötige Selb- 
ständigkeit verloren. Außerdem brachte Fröbel folgende Notizen: Beust 
müsse sehr vorsichtig sein. Die hohe Adelspartei sei ihm feind. Sie würde, 
wenn sie siegte, ein Ministerium Metternich mit absolutistischem Regiment 
und französischem Bündnis herbeiführen. Die Erfolge Beusts auf dem 
Landtage in Prag#) könnten für seine Stellung entscheidend sein. Heinrich 
von Gagern teile jetzt ganz das bayrische Programm. Fröbel vermutete, 
daß Napoleon eher einen Kongreß als den Krieg wolle.) 
Graf Tauffkirchen bemerkte: die Selbständigkeit Bayerns sei durch 
den Vertrag so wenig aufgehoben, daß derselbe dem Könige von Bayern 
das Recht selbständiger Kriegserklärung sichere und für diesen Fall Preußen 
zur Hilfe verpflichte. Habe Oesterreich an der Erhaltung einer Selb- 
ständigkeit Bayerns und Süddeutschlands und der Nichtausdehnung des 
Norddeutschen Bundes auf dasselbe Interesse, so könne es solches nicht 
besser als durch Annahme der Vermittlung sichern. 
Aufzeichnung des Fürsten vom 8. April 1867. 
Heute Vortrag beim Könige. Ich las ihm die Depesche von Bismarck 
vor, welche die friedliche Wendung der Luxemburger Sache mitteilt. Dann 
kam er auf allerlei Nebendinge. Später auf das Ministerium. Hier fragte 
er, wen von den Ministern ich als besonders fähig ansehe. Ich nannte 
Schlör. Dann sprach er von Pranckh und Orff, ich empfahl letzteren, er 
sprach für Pranckh. Zuletzt schien er einzulenken. Dann kam er auf 
Gresser, sagte, daß dieser nicht der Stelle gewachsen sei, und verlangte, 
die Minister sollten sich mit ihm brouillieren sowie mit Bomhard, damit 
man ihn los würde. Ich sagte, das sei gar nicht möglich, doch könne 
  
1) Die Neuwahlen nach Auflösung des böhmischen Landtags, welche vom. 
22. bis 29. März vorgenommen waren, hatten eine starke, verfassungstreue deutsche. 
Majorität ergeben. Beust selbst wurde von der Handelskammer von Reichenberg 
gewählt. Beust, Aus drei Vierteljahrhunderten, Bd. II S. 111. 
2) Die Aufzeichnungen des Grafen Tauffkirchen stimmen überein mit Fröbels 
eignem Berichte. Ein Lebenslauf, Bd. II S. 477. 
Fürfst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. 1 15
	        
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