232 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
Die inzwischen fortgesetzten Verhandlungen mit Württemberg über die
Regelung der Beziehungen zu Norddeutschland führten zu einer Ver-
ständigung, welche in der nachfolgenden „Ministerialerklärung“ vom
6./16. Mai 1867 ausgesprochen wurde:
Die Unterzeichneten, durchdrungen von dem hohen Werte gemeinsamen
Vorgehens der südwestdeutschen Staaten, insbesondere Bayerns und
Württembergs, bei den mit dem Norddeutschen Bunde gemäß Artikel 71
des Verfassungsentwurfes zu pflegenden Verhandlungen, haben sich mit
Allerhöchster Genehmigung ihrer Souveräne über folgende Punkte geeinigt:
J.
Bayern und Württemberg sind bereit, auf Anregung Preußens in
Unterhandlungen über Abschluß des im Artikel IV des Prager Friedens
vorbehaltenen nationalen Bundes mit dem deutschen Norden zu treten.
II.
Der Eintritt in einen gemeinsamen Bund unter Ausdehnung der
Verfassung des Norddeutschen Bundes auf die Südstaaten, kann als Basis
für diese Unterhandlungen nicht anerkannt werden, vielmehr ist der Ab-
schluß eines weiteren Bundes mit dem Norddeutschen Bunde anzustreben.
III.
Für die Verfassung dieses weiteren Bundes sind die Prinzipien der
Bundesakte vom 8. Juni 1815 mit den durch den Austritt Oesterreichs
und die Anforderungen der Zeit gebotenen Aenderungen zum Ausgangs-
punkte zu nehmen.
IV.
Die bayrische Regierung behält sich die Vorlage eines Entwurfes vor,
dessen Grundzüge hiermit wie folgt festgestellt werden:
1. der Bund besteht aus dem Norddeutschen Bunde, Bayern,
Württemberg, Baden und Südhessen.
2. Zweck des Bundes ist, die nationale Zusammengehörigkeit zu
wahren, die Integrität des Bundesgebiets zu erhalten und die Wohlfahrt
seiner Bewohner zu fördern. Alle Bundesglieder haben als solche gleiche
Rechte; sie verpflichten sich gleichmäßig, die Bundesakte unverbrüchlich zu
halten.
3. Die Angelegenheiten des Bundes werden von einem Bundesrate
unter dem Vorsitze Preußens geführt, bei welchem
Preußen 17,
Bayern 6
und die übrigen souveränen Fürsten und freien Städte des Bundes die
in Artikel VI der Bundesakte vom 8. Juni 1815 vorgesehene Stimmen-
zahl haben.