Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 235
Gemeinschaftlichkeit der Gesetzgebung (Nr. IV 4) betrachten wir als ein Bene-
fizium nicht sowohl für uns, für den Norddeutschen Bund, als für die süd-
deutschen Staaten. In betreff der Zollangelegenheiten namentlich können wir
uns unmöglich auf ein Verhältnis einlassen, welches für eine gemeinsame Maß-
regel außer dem Beschluß des Reichstags noch die Zustimmung von acht süd-
deutschen Kammern erfordern und einer jeden der letzteren praktisch ein Veto
geben würde. Der einzige für uns annehmbare Modus einer gemeinsamen Zoll-
gesetzgebung ist eine zum Behufe derselben eintretende Erweiterung des Bundes-
tags und des Reichstags durch die Teilnahme von Vertretern Süddeutschlands.“
Inzwischen hatte die badische Regierung ihre Abänderungsvorschläge
zu dem Protokoll vom 6. Mai in München mitgeteilt und nachdem diese
durch den Fürsten Hohenlohe zum Teil angenommen waren, schien das
so modifizierte Uebereinkommen eine mögliche Grundlage für gemeinsame
Verhandlungen der süddeutschen Staaten mit dem Norddeutschen Bunde zu
bieten. Durch Entschließung des Großherzogs vom 27. Mai 1867 wurde
daher das Ministerium ermächtigt, „unter Zugrundelegung der bayrisch-
württembergischen Ministerialerklärung vom 6./16. Mai mit den in der Note
des Fürsten Hohenlohe vom 22. d. M. vorgeschlagenen Modifikationen ge-
meinschaftlich mit den drei andern Regierungen in Verhandlungen über
die Gründung eines weiteren Bundes der süddeutschen Staaten mit dem
Norddeutschen Bunde einzutreten“.
Indessen wurde der Lauf dieser Verhandlungen durch die eigne Initiative
der preußischen Regierung in der Frage des Zollvereins unterbrochen. Ende
Meit teilte der preußische Gesandte, Baron Werthern, dem Fürsten Hohenlohe
mit, daß Graf Bismarck eine Konferenz von Ministern in Berlin zu veran-
stalten gedenke, um über die Rekonstruktion des Zollvereins und die damit
zusammenhängenden Fragen zu beraten. Der Fürst vermutete, daß dabei auch
der Anschluß der süddeutschen Staaten an den Norddeutschen Bund zur
Sprache kommen könne und wünschte daher vor der Berliner Konferenz die
Verständigung mit den übrigen süddeutschen Staaten zum Abschluß zu bringen.
Deshalb erklärte er dem Baron Werthern, daß ihm die Vertagung der Kon-
ferenz bis Ende Juni erwünscht sein würde. Gleichzeitig berichtete der bayrische
Gesandte in Stuttgart, daß Varnbüler mit dem Fürsten zur Beratung über die
bevorstehenden Zollkonferenzen zusammenzutreffen wünsche. Infolgedessen be-
gab sich der Fürst am 30. Mai 1867 zu einer Besprechung mit Varnbüler nach
Nördlingen. Er war von dem Ministerialrat Grafen Tauffkirchen begleitet.
Aufzeichnung des Grafen Tauffkirchen.
München, 30. Mai 1867.
Auf die bei den Akten befindliche Einladung begab sich der Königliche
Staatsminister Fürst Hohenlohe mit dem Königlichen Ministerialrate Grafen