Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

246 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
den Norddeutschen Bund führen. Es widerstrebe uns aber, uns indirekt 
und nach und nach da hineinziehen zu lassen. Wenn wir eintreten wollten, 
würden wir schon von selbst kommen. Ich schlüge deshalb nochmals vor, 
eine besondere Versammlung zu berufen, der das Norddeutsche Parlament 
gewisse auf den Zollverein bezügliche Befugnisse abzugeben hätte, ebenso 
wie auch die süddeutschen Staaten zugunsten des Parlaments auf ihre 
bezüglichen Befugnisse verzichten würden. 
Hiergegen erklärte sich Bismarck ganz entschieden. Darin liege eine 
Auflösung des Norddeutschen Bundes. So lieb ihm der Zollverein sei, 
so könne er doch nicht den Norddeutschen Bund dem Zollverein opfern. 
Minister von der Heydt stimmte dem bei. 
Bismarck führte dann noch aus, daß wenn man gemeinschaftliche Ein- 
richtungen wolle, man auch auf Teile seiner Selbständigkeit verzichten müsse. 
Er erkenne meine Offenheit an, erkläre aber hier, was er öffentlich nicht 
sagen würde, daß Preußen die süddeutschen Staaten nicht inkommodieren 
werde. Der preußischen Regierung liege nichts an unserm Eintritt in 
den Norddeutschen Bund, sie würde durch den Eintritt von achtzig süd- 
deutschen Abgeordneten in den Reichstag nur in große Verlegenheit kommen. 
Varnbüler meinte, man könne ja die Versammlung „Zollabgeordneten- 
versammlung“" nennen, und Dalwigk erinnerte an die englische Verfassung. 
Der Reichstag könne sich nach englischer Analogie in ein Komitee ver- 
wandeln u. s. w. Nachdem hierüber kein weiterer Beschluß gefaßt wurde, 
nahm nun Bismarck einen Konventionsentwurf vor, den er uns vorlas. 
Hierüber wurde bis abends ½9 Uhr diskutiert und das Protokoll 
entworfen, welchem den darauffolgenden Tag von Württemberg und 
Baden zugestimmt, während von mir eine besondere Erklärung abgegeben 
wurde. 
Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß Preußen eher den Zollverein 
aufgeben als die Idee des Parlaments fallen lassen wird. Was Seine 
Maojestät beschließen soll, ist schwer zu raten. Für Annahme spricht der 
Umstand, daß von weiteren Bundesverfassungsberatungen abgesehen werden 
kann, wenn wir den Zollverein haben, dann die Gefahren, die aus der 
Auflösung des Zollvereins entstehen. Will der König mit einem andern 
Ministerium die Auflösung des Zollvereins versuchen, so bin ich gern bereit, 
zurückzutreten. 
Während der Präliminarvertrag vom 4. Juni von Baden und Würt- 
temberg sofort, von Hessen am 7. Juni unterzeichnet wurde, erklärte Fürst 
Hohenlohe, daß er diesen Entwurf einstweilen nur als einen preußischen 
Vorschlag betrachten könne, über den er die Erklärung der bayrischen 
Regierung vorbehalten müsse. In München schien Artikel 7 des Vertrags
	        
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