Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 251
Der Unterzeichnete ersucht Seine Exzellenz dringend, die Frage noch-
mals in Erwägung ziehen zu wollen. Eine Erkundigung über die Stim-
mung der Mitglieder des Landtags wird Seine Exzellenz überzeugen, daß
ein Projekt wie das in Betracht kommende auch nicht die geringste Aus-
sicht auf Erfolg hat, und außerdem würde der Unterzeichnete lebhaft be-
dauern, wenn er bei Beratung dieses Vorschlags im Ministerrat demselben
mit Entschiedenheit entgegentreten müßte.
Journal.
24. Juli 1867.
Seit der Abreise des Königs beschäftigte mich zuerst die nordschles-
wigsche Frage. Frankreich hat in Berlin eine Mitteilung machen lassen,
daß es die Garantieforderung wegen der Deutschen seitens Preußens!)
nicht für begründet halte. Thile ist darüber beunruhigt. Die Antwort von
Dänemark an Preußen in derselben Sache lautet ausweichend, doch schließt
sie eine Verständigung nicht aus. Es wäre klug, wenn Preußen die Sache
nicht auf die Spitze treiben wollte. Ich habe dies Werthern gesagt und
ihn darauf aufmerksam gemacht, daß Preußen sehr isoliert bleiben würde.
Mit Lesourd, dem französischen Legationssekretär, habe ich auch in dieser
Sache gesprochen und zur Vorsicht geraten.
In der Zwischenzeit ist die Reise des Sultans durch Bayern auf-
getaucht und machte mir viel zu tun. Anfragen in London und Paris
führten zu dem Resultat, daß der Sultan am 25. in Nürnberg über-
nachten werde. Ich beantragte sofort beim König, er möge einen könig-
lichen Prinzen abordnen, um den Sultan zu begrüßen, und mich ebenfalls
absenden. Dies wurde genehmigt. Ich telegraphierte nun an Ferad
Pascha nach Aachen und zeigte ihm dies an und offerierte ein Souper.
Die Antwort lautete, daß der Sultan das Souper nicht annehme, da er
die Stunde seiner Ankunft nicht bestimmen könnte, dagegen sich freuen
würde, den Prinzen zu sehen. Von Graf Pückler aus Koblenz kam die
Liste der vierzig hoffähigen Türken, die an dem Souper teilzunehmen hätten.
So war nun alles zur Reise bereit, und Hof und Stall wurden in Be-
wegung gesetzt, das Nötige nach Nürnberg zu schaffen.
25. Juli.
Nachdem die Vorbereitungen soweit getroffen waren, machte ich mich
heute früh auf den Weg zur Eisenbahn, die Tasche voll Telegrammen an
1) Am 18. Juni hatte Preußen durch eine Note seines Gesandten in Kopen-
hagen „die nötigen Garantien für den Schutz der Deutschen“ und die Uebernahme
eines Teils der Schuld der Herzogtümer für die Voraussetzung der im Prager
Frieden (Artikel 5) vorgesehenen Rückgabe der nördlichen Distrikte von Schleswig an
Dänemark erklärt. Dies führte zur Einmischung Frankreichs.