266 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
bei der gegenwärtigen Wendung, welche die Frage der Zusammenkunft der
Monarchen genommen hat, ehrfurchtsvollst raten zu sollen, keine Einladung
an Seine Majestät den König, meinen allergnädigsten Herrn, ergehen
lassen zu wollen. Wenn es möglich ist, den König zu einem Besuche bei
Seiner Majestät dem König von Preußen und bei Eurer Königlichen
Hoheit zu bestimmen, werde ich die nötigen Schritte tun. Sollte ich die
Einladung Eurer Königlichen Hoheit später für erforderlich halten, so darf
ich mir wohl erlauben, darauf zurückzukommen.
Bericht an den König.
München, 19. September 1867.
Aus dem Schreiben des Kabinettssekretärs Eurer Königlichen Moajestät
hat der treugehorsamst Unterzeichnete ersehen, daß Eure Königliche Majestät
beabsichtigen, den Gegenbesuch dem König von Preußen nicht auf der
Mainau, sondern bei passender Zeit in Berlin zu machen. Wenn der
treugehorsamst Unterzeichnete dessenungeachtet auf diesen Gegenstand zurück-
zukommen sich erlaubt, so geschieht dies im Gefühl der Verantwortung,
die ihm seine Stellung auferlegt und ihn verpflichtet, das Interesse Eurer
Königlichen Majestät nach Kräften zu wahren.
Er erlaubt sich daher, nachstehendes ehrfurchtsvollst vorzutragen.
Nachdem der Großherzog von Baden und der König von Preußen,
wie dies aus dem Briefe des Großherzogs ersichtlich ist, bestimmt auf den
Besuch Eurer Königlichen Majestät rechnen und nachdem auch der diesem
alleruntertänigsten Berichte beiliegende Brief des Großherzogs in derselben
Meinung geschrieben zu sein scheint, würde das Unterlassen dieses Besuchs
— der, wie der treugehorsamst Unterzeichnete aus dem Schreiben des
Ministerialrats Lutz entnehmen zu müssen glaubt, ein Gegenbesuch Eurer
Königlichen Majestät wäre — jedenfalls große Verstimmung hervorrufen.
Hiermit nimmt die Frage eine politische Bedeutung an, und der treu-
gehorsamst Unterzeichnete darf Eurer Königlichen Majestät seine Befürchtung
nicht verschweigen, daß bei der Stellung, welche Preußen jetzt in Deutsch-
land einnimmt und bei den Mitteln, welche der preußischen Regierung zu
Gebote stehen, eine solche Verstimmung des preußischen Monarchen für
Eure Königliche Majestät wie für Bayern die nachteiligsten Folgen haben
könnte.
Es können Zeiten und Verhältnisse eintreten, wo Eure Koönigliche
Mojestät der freundlichen Gesinnungen des Königs von Preußen bedürfen,
und diese Zeiten können so bald eintreten, daß eine Verzögerung der
Wiederherstellung dieser freundschaftlichen Beziehungen im höchsten Grade
bedenklich erscheint.
Der treugehorsamst Unterzeichnete kann es deshalb nicht unterlassen,