Das bayrische Ministerium (I867 bis 1870) 271
Die Vorbedingung zur Erreichung eines günstigen Resultats in dieser
Richtung erblickte die Staatsregierung in einer Uebereinstimmung der
süddeutschen Staaten untereinander über die Schritte, die zu geschehen
hätten, sowie über die Zugeständnisse, die zu machen wären, um eine
praktisch wertvolle Verbindung mit dem Norden herzustellen. In diesem
Gedanken begann die Staatsregierung alsbald, nachdem ich die Leitung
der Geschäfte übernommen hatte, diplomatische Verhandlungen, welche sich
zuvörderst auf eine gemeinsame Aktion hinsichtlich derjenigen Maßregeln
bezogen, die ein loyaler Vollzug der mit Preußen abgeschlossenen Schutz-
und Trutzbündnisse notwendig machte.
Es ist Ihnen bekannt, daß deshalb zu Stuttgart ein Zusammentritt
der süddeutschen Minister stattfand, daß hier in bezug auf die militärische
Organisation eine Reihe wichtiger Einverständnisse erzielt wurde, und ich
hoffe, daß die Militärkonferenzen, welche damals für den Monat Oktober
verabredet wurden, und welche demgemäß in Bälde dahier zusammentreten
werden, die gleichmäßige Organisation der süddeutschen Wehrkräfte weiter
entwickeln werden.
Sobald dieses Resultat erreicht war, begannen auch Verhandlungen
auf dem politischen Gebiete. Ich brauche wohl nicht zu versichern, daß
diese Verhandlungen mit großen Schwierigkeiten verknüpft waren —
Schwierigkeiten, welche durch die bedenkliche Gestaltung der Luxemburger
Frage nicht wenig erhöht wurden.
Es würde hier zu weit führen, den Gang und die Phasen der Unter-
handlungen im einzelnen darzulegen; ich beschränke mich darauf, als das
Resultat im allgemeinen zu bezeichnen, daß dieselben zu einer vorläufigen
Verständigung über die Grundlagen geführt haben, auf welchen mit dem
Norddeutschen Bunde unterhandelt werden sollte.
Hierbei wurde der Gedanke einer Allianz dieses Staatenbundes mit
Oesterreich als einer notwendigen Ergänzung der nationalen Bestrebungen
festgehalten.
Meine Herren! Ich bin weit davon entfernt, die Ereignisse der
jüngsten Vergangenheit zu ignorieren oder der vergeblichen Arbeit mich
anschließen zu wollen, das Geschehene ungeschehen zu machen. Ich bin auch
jetzt wie früher der Ansicht, daß ein Verfassungsbündnis der süddeutschen
Staaten unter der Führung Oesterreichs nicht möglich ist. Dabei will ich
nicht anstehen, zu erklären, daß uns weder von Oesterreich noch von
Frankreich in dieser Richtung irgendwelche Andeutungen oder Vorschläge
gemacht worden sind. Je weniger wir aber jetzt die Gefahr einer unheil-
baren Trennung Deutschlands in ein Süd= und Norddeutschland zu be-
sorgen haben, um so dringender tritt an uns die Anforderung heran,
Oesterreich, als dem natürlichen Verbündeten Preußens sowohl wie des