Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

272 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
südlichen Deutschlands, einen Weg nicht zu verschließen, der allein geeignet 
ist, den Frieden Europas auf sicherster Grundlage zu verbürgen. 
Diese Erwägung konnte nicht ohne Einfluß auf die Grundzüge bleiben, 
welche die Staatsregierung für eine deutsche Gesamtverfassung festhalten 
zu müssen glaubte. 
Im allgemeinen können diese Grundlagen dahin definiert werden, daß 
die in Artikel 3 und 4 des ursprünglichen Entwurfs der norddeutschen 
Bundesverfassung enthaltenen Gegenstände — sonach ein nicht unbedeutendes 
Gebiet der Gesetzgebung und Verwaltung — für gemeinsam erklärt und 
als Bundesangelegenheiten behandelt werden sollten, und daß im übrigen 
die Verbindung den Charakter eines Staatenbundes unter preußischem 
Präsidium zu tragen habe. 
Während diese Verhandlungen im Gang waren, erhielt die Staats- 
regierung die Einladung zur Teilnahme an den Berliner Zollkonferenzen. 
Die Staatsregierung konnte sich derselben um so weniger entziehen, als 
sie hierzu durch die Bestimmungen des Berliner Friedensvertrages sowohl 
wie durch die Fürsorge für die materiellen Interessen des Landes ver- 
pflichtet war. 
Der Vertrag, welcher aus diesen Konferenzen hervorging, liegt Ihrer 
Beurteilung vor. # 
Sie werden unschwer erkennen, daß die Bedingungen, an welche 
Preußen die Aufrechterhaltung des Zollvereins knüpfte, nicht ohne Einfluß 
auf den weiteren Fortgang des begonnenen Werkes bleiben konnten. Die 
Staatsregierung mußte notwendigerweise das Inslebentreten der neuen 
Organisation des Zollvereins mit seinen Folgen abwarten, um danach zu 
ermessen, in welcher Form neben derselben der beabsichtigte Staatenbund 
zur Durchführung gebracht werden könne. 
Die Staatsregierung sieht demnach ihre Aufgabe nicht als gelöst an. 
Sie wird die Politik, die sie als die allein richtige erkennt, nach wie vor 
festhalten. Sie wird es versuchen, in Uebereinstimmung mit ihren süd- 
deutschen Bundesgenossen und unter Berücksichtigung bestehender Verträge, 
auf den gewonnenen Grundlagen die nationale Verbindung mit dem 
deutschen Norden herzustellen. 
Die Staatsregierung ist sich aber der Verantwortlichkeit bewußt, die 
ihr die Pflicht der staatlichen Selbsterhaltung Bayerns und die gefahrvolle 
Lage Europas auflegt. 
Daraus ergibt sich von selbst die Richtung, welche die Staatsregierung 
einhalten wird. 
Ich will es versuchen, diese Richtung möglichst klar und einfach 
auszudrücken. 
Wir wollen nicht den Eintritt Bayerns in den Norddeutschen Bund,
	        
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