Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

278 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
gresses zur Regelung der römischen Frage noch immer verfolge, auch sei es 
nötig, den Kaiser darin zu unterstützen. Es werde nicht von einem Kongreß 
der katholischen Mächte, sondern von einem Kongresse aller Mächte ge- 
sprochen, welche katholische Untertanen haben. Er meinte, wir hätten schon 
eine Einladung erhalten, was ich verneinte. Es werde sich allerdings von 
den Geldmitteln handeln, die zur Unterhaltung des Papstes nötig seien, 
etwa einem obligatorischen Peterspfennig. Doch ließ er das wieder fallen 
und kam darauf auf die deutsche Frage. 
Er erzählte, daß er mit Goltz in Paris eine längere Unterhaltung 
gehabt und diesen darauf aufmerksam gemacht habe, daß die deutsche Frage 
in einer Weise geregelt werden müsse, die den Franzosen den Vorwand 
zum Kriege nehme. Die Vorstellung herrsche nun einmal, daß Preußen 
ganz Deutschland sich einverleiben wolle, und diese Vorstellung müsse man 
den Franzosen benehmen durch Bildung eines süddeutschen Bundes, einer 
Konföderation oder Union. Die Form sei gleichgültig. Goltz habe sich 
damit einverstanden erklärt und diesen Zustand, dieses Projekt ein „provi- 
sorisches Definitivum“ genannt. Beust gab zu, daß ein solches Arrangement 
nur mit der Zustimmung Preußens zu erreichen sei, denn Baden werde 
nur auf Befehl Preußens zustimmen. Varnbüler 1) habe sich damit ein- 
verstanden erklärt, jedoch gegen ein süddeutsches Parlament protestiert. 
Beust schien darauf wenig Wert zu legen. Er meinte, die internationale 
Verbindung des Südens mit dem Norden bestehe schon durch die Schutz- 
und Trutzbündnisse und den Zollvereinsvertrag, es handle sich jetzt nur 
um die im Prager Frieden vorgesehene Einigung der süddeutschen Staaten 
unter sich. Er riet wiederholt dazu, die Sache zu überlegen, was ich ver- 
sprach. Auf meine Frage, wie er sich das Verhältnis Oesterreichs dazu 
denke, sagte er, Oesterreich wolle daraus fernbleiben, da es glaube, dadurch 
die Sache zu fördern. Er behauptet, der Friede sei nur dann zu erhalten, 
wenn eine solche süddeutsche Vereinigung gebildet werde. Wenn wir des- 
halb Schritte in Berlin tun wollten, so werde er uns unterstützen. Es 
ist ungefähr die Idee eines Rheinbunds unter preußischem Protektorat, 
die hier wieder auftaucht. Bezeichnend war auch die Aeußerung, in Rom 
sei jetzt die revolutionäre Partei besiegt,) die Regierungen in Europa 
hätten wieder mehr Macht, man müsse also jetzt die Gelegenheit benutzen 
und auch in Deutschland das revolutionäre Element bekämpfen. 
Der Gedanke Beusts und des Kaisers Napoleon würde wohl in einer 
  
1) Beust hatte eine Besprechung mit Varnbüler am 6. November im Eisen- 
bahnzuge zwischen Bietigheim und Stuttgart. Nach einem Berichte des badischen 
Gesandten in Stuttgart hatte Beust gesagt, jedes Zeichen selbständigen Lebenstriebs 
der süddeutschen Staaten würde im Sinne des Friedens wirken. 
2) Durch die Niederlage Garibaldis bei Mentana am 3. November.
	        
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