Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 279
Union der süddeutschen Staaten in militärischer und diplomatischer Be-
ziehung seine Realisierung finden.
Auf meine Frage, ob denn das bloße Abwarten diesen Zweck nicht
ebenso erreiche, meinte er sehr eifrig, damit werde der Krieg nicht ver-
mieden.
Es scheint, daß die entschiedene Absicht besteht, uns, wenn wir nicht
gutwillig auf den Gedanken eingehen, bei der ersten Gelegenheit dazu zu
zwingen.
Jedenfalls dürften vor allem in Berlin und Stuttgart Erkundigungen
einzuziehen sein, was Bismarck davon hält und was Varnbüler zugesagt hat.
Bayern kann sich am Ende eine solche Union gefallen lassen, wenn
damit kein wirklicher Bundesstaat gebildet werden soll. Ob Württemberg
und Baden ihre Gesandten aufgeben wollen und süddeutschen Bundes-
gesandten die Vertretung ihrer Interessen zu übertragen geneigt sein werden,
steht dahin. Auch die militärische Einigung hat noch keine großen Fort-
schritte gemacht und berechtigt zu geringen Hoffnungen.
Bericht an den König über die Lage der süddeutschen
Staaten.
München, 23. November 1867.
Eure Königliche Majestät haben dem treugehorsamst Unterzeichneten
durch Allerhöchst Ihren Sekretär den Auftrag erteilen lassen, über die
dermalige Lage der süddeutschen Staaten und den Stand des Erfolges
des von dem treugehorsamst Unterzeichneten angestrebten Zieles eines
Bündnisses unter denselben Bericht zu erstatten.
Der treugehorsamst Unterzeichnete erlaubt sich daher, nachstehendes
alleruntertänigst vorzutragen.
Wie Eurer Königlichen Majestät aus den früher erstatteten Berichten
bekannt ist, hatten die mit den süddeutschen Staaten im März dieses
Jahres begonnenen Unterhandlungen den Zweck, eine gemeinsame Basis
für die mit dem Norddeutschen Bunde anzuknüpfenden Verhandlungen
zu schaffen.
Das Resultat war die zwischen Bayern und Württemberg abge-
schlossene Ministerialerkläürung vom 16./31. Mai l. J., inhaltlich
welcher gewisse Gegenstände allgemeinerer Natur künftig als gemeinsame
deutsche Angelegenheiten der Behandlung in einem weiteren zwischen
Norddeutschland und den süddeutschen Staaten abzuschließenden Bunde
unterstellt werden sollten.
Nachdem jedoch in der Zwischenzeit die Verhandlungen über die
Erneuerung des Zollvereins stattgefunden hatten, glaubte der treugehorsamst
Unterzeichnete vorerst weitere Schritte unterlassen und erst das Insleben-