Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

20 Aus der Jugend (1819 bis 1847) 
Ich rate Dir, meine Briefe aufzuheben, wie ich es mit den Deinen 
tue, wie überhaupt mit allen. Wenn wir auch keine Bettinaschen Briefe 
herausgeben wollen, so würde es doch interessant sein, dieselben später 
wieder zu lesen. Sind wir dann später zu besseren Resultaten mit uns 
selbst gelangt, dann ist es erfreulich, den Weg, den man zurückgelegt hat, 
zu übersehen. 
Sage Viktor, ich ginge diesen Sommer, wenn die Arnimst) nach 
Winkel am Rhein kommen, dorthin, wo ich vergnügliche Stunden zu ver- 
leben hoffte (bei der Bettina). 
Aus dem Tagebuch. 
3. Juni 1842. 
Vom 3. Mai bis zum 3. Juni tritt eine Pause ein durch die da- 
zwischen liegenden Masern. So unangenehm eine solche Krankheit ist, so 
hat sie doch auch ihr Gutes gehabt, denn sie hat das Uebermaß von Kraft 
des Körpers absorbiert, und ich kann nicht anders sagen, als daß eben 
dadurch und durch die einsamen Studien und Betrachtungen gar manches 
im Geist mir klarer geworden ist. Ich habe sogar diese Einsamkeit lieb- 
gewonnen; das Einförmige eines Krankenbetts hat, wenn nicht besondere 
Schmerzen vorhanden sind, für den Denkfähigen gar manche angenehme 
Stunde, wenngleich auch viele trübe, denn „es kehrt an das, was Kranke 
quält, sich ewig der Gesunde nichts“. Scheußlich war das Kindergeschrei, 
und hätte ich Heiratspläne, sie würden durch dieses Plärren meiner Haus- 
genossen um zehn Jahre verschoben sein. Es gibt in der Welt wenig Un- 
angenehmeres als Kindergeschrei. 
Sowie ich wieder tüchtig arbeiten kann, muß ich mich an eine gründ- 
liche Bearbeitung des Staatsrechts begeben. Nichts ist gefährlicher als 
die Passivität in Betrachtung der staatswissenschaftlichen Gegenstände. 
Ohne Gründlichkeit werden wir insbesondere im Staatsdienst entweder 
blinde Werkzeuge oder gar Leute, die die Fahne nach dem Winde hängen, 
oder wir werden einseitig und dadurch der Raub einer Partei. Nur 
Gründlichkeit ist das Mittel, durch welches die Integrität des Charakters 
erhalten werden kann. 
16. August 1842. 
.. Es ist doch etwas Trauriges um das Junggesellenleben. Die 
„Freiheit" wird immer gerühmt. Ja, wer in Liederlichkeit Befriedigung 
findet, dem ist freilich eine solche Freiheit zu gönnen. Aber in dieser Frei- 
heit des alten Hagestolzen liegt ein furchtbarer Keim zu Egoisterei und 
Herzlosigkeit. 
1) Die Bekanntschaft der Bettina von Arnim hatte der Prinz im Winter 1841/42 
in Berlin gemacht. 
 
	        
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