Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

292 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
Gründe sprechen dafür, die beantragte Erhöhung der Verhältniszahl der 
lebenslänglichen zu den erblichen Reichsräten von ½ auf ½ vorzunehmen. 
4. Gesetzentwurf betreffend die Erweiterung der Reichsratskammer. 
Dieser Gesetzentwurf will die Erweiterung der Kammer der Reichs- 
räte durch 29 gewählte Mitglieder herbeiführen, nämlich 
a) 5 Vertreter der Universitäten, des Polytechnikums und der Akademie, 
b) 8 Vertreter des Handels und der Industrie, 
Jc) 8 Vertreter des Grundbesitzes und 
d) 8 Vertreter der Städte. 
Wenn die Regierung nicht eine Umgestaltung, sondern eine Erweite- 
rung der Reichsratskammer vorschlägt, so geht sie vor allem davon aus, 
daß in dem Zweikammersystem — sofern dasselbe überhaupt eine reelle 
politische Bedeutung haben soll — die Erste Kammer durch Erblichkeit 
und lebenslängliche Ernennung eine gewisse Ständigkeit erhalten muß, 
daß sie dadurch das konservative Element zu besonderer Geltung bringen 
soll und eben damit befähigt wird, die rasch wechselnde momentane Stim- 
mung des politischen Lebens vor einem Uebermaß und einer Ueberstürzung 
zu bewahren. Ferner wird sich nicht verkennen lassen, daß der zurzeit 
durch die erblichen Reichsräte vertretene Grundbesitz ein historisch wie 
dem materiellen Gewichte der Interessen zufolge wohl berechtigtes Element 
einer Pairskammer zu bilden geeignet ist; endlich, daß das Recht der 
königlichen Ernennung ein notwendiges Mittel bildet, um solche Kapazi- 
täten zu der gesetzgebenden Tätigkeit beizuziehen, welche in andrer Weise 
hierzu nicht gewonnen werden könnten. Demnach ergibt sich, daß das- 
jenige, was in bezug auf Reform der Reichsratskammer zu geschehen 
hat, in einem Beiziehen solcher Elemente bestehen muß, durch welche, ohne 
den Grundcharakter des Instituts zu verwischen, eine lebendigere Entwick- 
lung der momentan im politischen Leben wirkenden Meinungen und 
Reibungen ermöglicht wird. 
Es muß also eine Verstärkung durch gewählte Mitglieder eintreten. 
Die Anzahl der gewählten Reichsräte soll selbstverständlich in einem 
gewissen Verhältnisse zu den übrigen Kategorien stehen, und wenn der 
Entwurf 29 Mitglieder durch Wahl berufen lassen will, so ist dies etwa 
das Doppelte der zurzeit lebenslänglich ernannten, und werden die erblichen 
Mitglieder künftig nicht zahlreicher sein als die gewählten und ernannten 
zusammengerechnet. 
Die Kategorien, aus welchen gewählt werden soll, anlangend, so ist 
eine allgemeine Wahl nach örtlichen Bezirken von vornherein ausgeschlossen. 
Denn es wäre kein innerer Grund vorhanden, der auf diesem Prinzip 
beruhenden Zweiten Kammer eine auf derselben Basis ruhende Vertretung 
in der Ersten Kammer entgegenzusetzen. Anderseits glaubte die Regierung
	        
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