Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 295 
mansdorff!) möchte Schlör entfernen und dafür einen gescheiteren einerseits 
und ultramontaneren Minister anderseits hineinbringen. Er behauptet, er 
wolle, daß ich bleibe, will aber zugleich, daß ich eine bestimmte Schwenkung 
nach der Seite der Ultramontanen mache. Fröbel meint, daß er mit Beust 
in Widerspruch sei. Ich teile nicht diese Ansicht. Ich glaube, daß Beust 
hier mit den Ultramontanen und in Wien gegen sie agiert. 
Morgen wird die Wahl von Schlör hier entschieden. Ich höre ver- 
schiedene Vermutungen. Die einen glauben, daß er gewählt wird, die 
andern meinen das Gegenteil. Jedenfalls wäre dessen Entfernung aus 
dem Ministerium kein Unglück. 
München, 22. Februar 1868. 
Schlör ist also gestern gewählt worden. Wäre er nicht durchgedrungen, 
so hätte er wahrscheinlich bald aus dem Ministerium austreten müssen; so 
kann er bleiben. Ob dies ein Vorteil ist, steht dahin. Bei Trauttmans- 
dorff hatte ich eine lange Unterredung mit Feilitzsch über die Presse im 
allgemeinen. Wir stimmten darin überein, daß nichts ohne Geld zu machen 
sei, und daß wir, da uns dies fehlt, nicht viel ausrichten werden. 
Dr. Haas hat Völderndorff Artikel gebracht, die er in verschiedene 
Blätter hat einrücken lassen, und die in meinem Interesse die Angelegenheit 
der Burg von Nürnberg ) besprechen und Pfordten verdammen. Völdern- 
dorff wußte nicht, wie er sich die Freundlichkeit des ultramontanen öster- 
reichischen Preßagenten deuten solle, bis ich ihm sagte, daß auch Trautt- 
mansdorff mir habe zu verstehen gegeben, daß man von jener Seite 
einen Sturz des gegenwärtigen Ministeriums nicht wolle. Der Moment 
scheint den Herren zu ungünstig, gutes Einvernehmen mit Preußen vor- 
zuziehen. Sie fürchten den Eindruck, den mein Sturz, wenn er durch die 
österreichische Partei veranlaßt würde, in Berlin hervorrufen könnte. 
Die Dummheiten des Königs von Hannovers) haben in Berlin eine 
irritierte Stimmung gegen Oesterreich hervorgebracht, die sie kein Interesse 
haben jetzt zu vermehren. So scheint es, werde ich einige Zeit Ruhe 
haben. Der Stephansorden wird diese Stimmung konstatieren. 
  
1) Graf Trauttmansdorff, österreichischer Gesandter. 
) Nach dem Friedensschlusse hatte der König von Bayern durch einen Brief 
vom 30. August 1866 dem König Wilhelm angeboten, die „ehrwürdige Burg seiner 
Ahnen“ gemeinsam mit ihm zu besitzen und bei etwaigem Aufenthalte in Bayern 
zu bewohnen, welches Anerbieten König Wilhelm mit Dank annahm. Zu einer 
Abtretung des Eigentums und überhaupt zu einem Staatsvertrage darüber kam es 
nicht. Dies wurde durch eine offiziöse Aeußerung vom 15. Februar 1868 festgestellt. 
3) König Georg von Hannover feierte am 18. Februar 1868 in Hietzing seine 
silberne Hochzeit und empfing eine Massendeputation von Hannoveranern, welcher 
er in einer Tischrede seine Hoffnung auf Wiederherstellung seiner Herrschaft aus- 
sprach. Die hannoversche Legion, welche bei Gelegenheit der Luxemburger Ver-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.