Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 297
Die Südslawen wollen von einem Anschluß an Rußland nichts wissen,
nehmen aber das russische Geld, um damit ihre eignen Pläne zu fördern.
4. März.
Die letzten Tage war ich sehr in Anspruch genommen. Der Tod des
Ministers Pechmann und die Frage, wer ihn ersetzen solle, beschäftigte
mich vor allem. Da es mir schien, als wolle Lipowsky mich bei der
Wiederbesetzung des Ministerpostens umgehen, so erklärte ich Mittwoch
im Ministerrat, daß ich bemerke, man wolle, ohne mich zu fragen,
das Ministerium ergänzen; sei dies wirklich der Fall, so würde ich
um meine Entlassung bitten. Dies wirkte. Die Minister bekamen
einen heilsamen Schrecken, der König wurde sofort davon in Kenntnis
gesetzt, und am Donnerstag Abend ließ er mich rufen, um mit mir
von allerlei zu reden. Er kam auch auf das Ministerium des Innern,
fragte nach Hörmann, den ich aber nicht als geeignet bezeichnete. Die
Partei Neumayr arbeitet für Hörmann. Freitag kam Lipowsky, um
mich direkt um meine Ansicht zu fragen. Ich sagte ihm offen, daß ich
Hörmann nicht wolle wegen seiner Beziehung zur Neumayrschen Clique.
Wir besprachen noch Schubert, den er sehr rühmt, und Pfeufer, den er
nicht sehr protegiert.
Samstag kam die Nachricht vom Tode des Königs Ludwig 1.74)
Darüber viele Geschäfte, Telegramme, Notifikationen u. s. w.
Die Ministerfrage ist damit etwas in den Hintergrund getreten. Dazu
ist der König wieder krank, Fieber u. s. w.
Im Ausschuß am Montag wurde das Budget des Ministeriums des
Aeugeren beraten. Der Referent wollte mir für die Gesandtschaften nur
200 000 Gulden bewilligen, ich erklärte aber, daß ich nicht unter 250 000 Gulden
heruntergehen könnte und meine Entlassung nähme, wenn man mir sie
nicht bewillige. Darüber große Verstimmung im Ausschuß und schließlich
Zustimmung zu meiner Forderung.
Gestern, Dienstag den 3. März, viele Besuche im Ministerium. Dar-
unter Stenglein, der wissen wollte, ob wir uns ebenso passiv bei den
nächsten Kammerwahlen verhalten würden wie diesmal bei den Wahlen
zum Zollparlament. Was ich verneinte. Er sagte, daß in diesem Fall,
wenn wir den Kammermitgliedern zur Wahl verhelfen wollten, die Bildung
einer liberalen Partei in Aussicht stehe.
München, 22. März 1868.
Heute Abend war Lipowsky bei mir und sagte mir, Seine Majestät
habe ihn beauftragt, mich zu fragen, welche Punkte ich ihm in betreff
1) Starb in Nizza am 29. Februar.