Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 301 
der Bewohner Süddeutschlands Boden zu gewinnen. Die Gewährung 
eines süddeutschen Parlaments aber wäre nach Ansicht des treugehorsamst 
Unterzeichneten, so wie sich die Sache jetzt gestaltet hat, die äußerste Gefahr, 
denn die Verbindung Ultramontaner und Republikaner würde dieses Par- 
lament nur dazu benutzen, um die Autorität der süddeutschen Einzel- 
regierungen, gegen welche schon jetzt ihre zügellose Presse Tag und Nacht 
mit allen Mitteln wirkt und wühlt, gänzlich zugrunde zu richten und 
damit jene Pläne fördern, welche als ihr Endziel die republikanische 
Föderativverfassung Süddeutschlands mit dem Anschluß an die Schweiz 
im Auge haben. Es liegen Anzeichen vor, daß dieser Plan von Frankreich 
aus nicht ungern gesehen würde, weil man jenseits des Rheines hofft, 
über derartig zerrüttete Staatenbildungen leicht ein Protektorat ausüben 
zu können. 
Was die äußeren politischen Verhältnisse betrifft, so ist Eurer König- 
lichen Majestät aus den früheren Anträgen des treugehorsamst Unter- 
zeichneten bekannt, daß derselbe nur deshalb den schwierigen Plan, einen 
süddeutschen Verein zu gründen, neuerdings und in solch bestimmter Weise 
aufgegriffen hat, weil gegen Ende des vorigen Jahres jene Konstellationen ein- 
getreten waren, unter welchen allein die Durchführung eines solchen Vereins 
möglich ist; es ist dies einerseits die Entente cordiale zwischen Oesterreich 
und Frankreich und anderseits die Geneigtheit Preußens, zur Erhaltung 
des Friedens dadurch beizutragen, daß es seinen Einfluß auf Baden und 
Hessen anwendet und zugleich einen gelinden Druck auf Württemberg 
ausübt, um diese Staaten zu einer Erfüllung der Prager Stipulationen 
zu veranlassen. Von diesen beiden Vorbedingungen ist zurzeit keine mehr 
vorhanden. Zwischen Oesterreich und Frankreich ist sichtlich eine Erkaltung 
eingetreten; es scheint, daß Frankreich die Hoffnung aufgegeben habe, 
Oesterreich zu einer ihm nützlichen Aktion zu bewegen, und daß es deshalb 
seine Pläne auf andre Weise zu erreichen strebt. Preußen aber, welches 
zur Zeit jener vertraulichen Vorbereitung, welche der treugehorsamst Unter- 
zeichnete auf Grund der Allerhöchsten Ermächtigung vom 26. November 
vorigen Jahres begonnen hatte, sich wenigstens nicht ablehnend verhalten 
hatte, ist seitdem offenbar andrer Meinung geworden. Die dezidierten 
Erklärungen gegen das Projekt eines süddeutschen Bundes, welche Baden 
in seiner offiziellen „Karlsruher Zeitung“ geben ließ, und die wiederholt 
durch preußische offiziöse Blätter provozierten Erklärungen, daß an einen 
solchen süddeutschen Bund nicht gedacht werde, lassen erkennen, daß Preußen 
keineswegs mehr gesonnen ist, einen desfallsigen Plan zu unterstützen. )) 
  
1) Baden wollte von Anfang an auf das Projekt des Südbunds nur dann 
näher eingehen, wenn gleichzeitig mit dessen Gründung eine nähere Verbindung 
mit dem Norddeutschen Bunde in Aussicht genommen würde. Bismarck hielt in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.