22 Aus der Jugend (1819 bis 1847)
sei, mit dem der König nichts anfangen könne, ein ungehobelter sonder-
barer Kauz, der stets einen Ueberrock angehabt habe und nun glaube, auch
im Frack gehen zu müssen, was ihm sehr schlecht stehe. Sie machte einen
eigentümlichen Vergleich zwischen Rückerts Gesicht und, wenn ich nicht irre,
einem schlapp getretenen Pantoffel. Das mitunter etwas harte Urteil über
den König entspringt aus einer großen Liebe zu ihm und dem Wunsche,
ihn als einen unsterblichen König zu sehen, was er ihrer Ansicht nach
nicht anders werden kann als dadurch, daß er auf dem einmal betretenen
Wege des Fortschritts rüstig fortschreitet und sich durch die Hemmungen
der Minister, die sich zu viel Gewalt aneignen wollen, nicht abhalten läßt.
Das Eigentümliche und Angenehme bei der Bettina ist, daß sie nicht eine
gelehrte, verbildete, hochtrabende Dame, sondern trotz allem Interesse an
gelehrten Gegenständen doch ein Naturkind ist. In ihrem Kreise ist alles
ungezwungen, jeder tut, was er will, sie läßt alle Persönlichkeiten gelten
und schließt sich an die an, die ihr gerade für den Augenblick neu und
angenehm sind."“
Im Jahre 1843 beschäftigte den Prinzen die Vorbereitung auf das
zweite Examen und die Ueberlegung, was dann zu tun sei. Er entschloß
sich, nach dem zweiten Examen aus dem Justizdienste auszuscheiden und
sich für die Verwaltung und die Diplomatie vorzubereiten: „Also Landrat
oder Diplomat oder beides!“ heißt es im Tagebuch. Am 18. Februar
1843 schrieb er an die Mutter:
.. . Uebrigens gewinne ich meine juristische Beschäftigung immer
lieber, einmal, weil ich sehe, daß ich darin vorwärts komme, und dann,
weil der Nutzen, der für die Regulierung unsteter Gedanken daraus ent-
springt, sehr groß ist. Hätte ich früher die Ueberzeugung gehabt, wie ich
sie jetzt habe, daß man durch die Zivilkarriere seinem Standpunkt nicht
schadet, sondern nützt, indem man durch das Ungewohnte sich Ansehen
verschafft und der Adel nur durch geistige oder moralische Vorzüge oder
wenigstens Anstrengungen die Stellung behaupten kann, die ihm überall
streitig gemacht wird, so hätte ich manches Jahr meines Lebens gewonnen,
das mit bloßer Deliberation zugebracht ist. Jetzt, wo ich mich in der
Karriere befinde, schweigen alle Stimmen, die früher dagegen waren, und
mir ist bis jetzt noch keine Zurücksetzung zuteil geworden, wenn ich sie
mir nicht durch Zerstreutheit und Unachtsamkeit selbst zugezogen habe.
Selbst in neuerer Zeit habe ich wieder vollkommene Billigung meiner
Berufswahl erfahren durch den Herzog von Nassau und den hiesigen
kommandierenden General, die beide mit mir über die Trostlosigkeit des
preußischen Militärlebens einverstanden waren. Uebrigens kümmere ich
mich um das Urteil andrer Menschen jetzt nicht mehr und freue mich
meiner Selbständigkeit, nachdem ich die Nachwehen der hofmeisterlichen