Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 313 
Norddeutschland aber 500000 zu seiner sofortigen Disposition habe. Er 
erzählte mir ferner ein Gespräch, welches er gestern gehabt, wo ein Gegner 
der Allianzverträge aus Württemberg sich dahin ausgesprochen habe, beim 
Ausbruch eines Krieges mit Frankreich müßten wir alle gegen Frankreich 
gehen. Er (Bismarck) habe ihm darauf erwidert, daß es eine ganz 
ungerechtfertigte Vermutung sei, wenn man glaube, Preußen werde die 
Allianzverträge zu Eroberungskriegen benützen. Er wisse nicht, was 
Preußen erobern solle, er zählte die Länder an der Grenze auf, nannte 
Polen, Böhmen, Belgien und das Elsaß. 
Schließlich schieden wir auf das freundschaftlichste. Ich unterließ es, die 
Frage der Beglaubigung des bayrischen Gesandten beim Norddeutschen 
Bund zu berühren, da ich es für zweckmäßiger hielt, mich keiner aus- 
weichenden Antwort auszusetzen, und vorziehe, dies bei Werthern zur Sprache 
zu bringen. 
Rede, gehalten im „Bayrischen Hof“ beim Diner am 
Konstitutionsfest. 
26. Mai 1868. 
Meine Herren! Wenn es einen Tag gibt, an welchem wir stolz sein 
können, uns Bayern zu nennen, wenn es ein Fest gibt, das uns berechtigt, 
mit hoher Befriedigung auf die Vergangenheit und mit freudiger Zuversicht 
in die Zukunft zu blicken, so ist es das heutige Fest der Einigung zwischen 
Fürst und Volk, jener Einigung, die die Grundlage unfrer Freiheit, unfrer 
Selbständigkeit, unfrer staatlichen Existenz ist. Deß wir aber dieses Fest 
in ungetrübter Freude feiern, das verdanken wir unsrer Dynastie, und 
darum ist es gerechtfertigt, wenn heute vor unserm dankbaren Blicke die 
erhabenen Gestalten der Monarchen aufsteigen, in deren Hände in dieser 
Zeit die Geschicke unsers Vaterlandes geruht haben. 
Und hier sehen wir zuerst König Maximilian I., den das Volk mit 
Recht den Guten nennt, den unvergeßlichen Geber der Verfassung, den 
seltenen Monarchen, der aus eignem freien Antriebe das staatsrechtliche 
Band dargeboten, welches nun seit fünfzig Jahren Krone und Volk zu 
einträchtigem Handeln umschlingt. 
Wir sehen König Ludwig I., wie er fest und selbstbewußt den Thron 
der Väter betritt und in langer und segensreicher Regierung und in 
längerem segensreichem Leben gerecht und beharrlich die Ziele verfolgt, die 
sein hoher Geist ihm als die richtigen vorzeichnete. Was König Ludwig 
Bayern war, was er der Welt war, das haben beredtere Lippen vor 
kurzem geschildert; jede Beredsamkeit muß aber zurücktreten vor seinen 
Werten und vor den Tränen, mit denen sein Volk ihn zur letzten Ruhe- 
stätte geleitet hat.
	        
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