Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

316 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
sei, was Herr de Cadore ebenfalls nicht bezweifelte. Ich fügte ferner bei, daß 
meine Aeußerung nicht als die Ansicht der bayrischen Regierung gelten 
könne, daß ich überdem bei jenem Toast der französischen Nation keine 
Erwähnung getan hätte und daß ich bedaure, wenn diese Aeußerung zu 
Mißverständnissen Anlaß gegeben habe. Ich teile E. H. dies lediglich 
als Notiz zu Ihren Akten mit, ohne damit den Auftrag zu einer weiteren 
Mitteilung irgendeiner Art zu verbinden. 
Journal. 
München, 5. Juni 1868. 
Gestern war ich bei dem Diner, welches der französische Gesandte 
dem hier durchreisenden Prinzen Napoleon) gab. Anwesend waren 
außer dem Gefolge des Prinzen und dem Personal der französischen Ge- 
sandtschaft: Graf Castell, Graf Moy, General von der Tann, Herr von 
Schrenck, der österreichische und der italienische Gesandte. 
Ich saß neben dem Prinzen. Während der Tafel sprach er von ver- 
schiedenen Gegenständen der inneren Verwaltung Bayerns, von der Zu- 
sammensetzung der Kammer der Reichsräte, von der Tätigkeit der Kammer, 
vom Budget u. s. w. Er schien sehr genau bekannt, und seine Fragen 
bezweckten nur die Bestätigung von dem, was man ihm schon früher ge- 
sagt hatte. 
Nach Tisch im Lauf des Abends zog der Prinz mich beiseite und. 
ließ sich auf ein tiefer eingreifendes politisches Gespräch ein. 
Er sprach über Württemberg, das er genau kennt, erzählte, daß der 
Geist der württembergischen Offiziere sich eigentümlich geändert habe, daß. 
die württembergischen Offiziere mißvergnügt seien, einer kleinen Armee- 
anzugehören, und sich danach sehnten, Teile einer deutschen Armee zu werden. 
Dann sprach er vom Zollverein, von den Gefahren, die in der neuen 
Organisation für die Selbständigkeit der einzelnen süddeutschen Staaten. 
lägen, es sei kein Vertrag, sondern ein Verein, der uns zu Teilen eines 
größeren Ganzen mache, erwähnte des bereits in der bekannten Depesche 
des Grafen Quadt berührten Vergleichs mit Belgien, schloß aber damit, 
daß nichts zu machen sei. Auch der Allianzverträge erwähnte er und be- 
stritt die Gegenseitigkeit derselben. Er erzählte, er habe Bismarck gefragt, 
ob er den Casus toederis anerkennen werde, wenn einmal Bayern, um. 
Tirol zu erobern, Krieg gegen Oesterreich anfangen werde, worauf ihm 
Bismarck geantwortet habe: „de droit, oui, de fait, non.“ 
  
1) Prinz Napoleon hielt sich auf seiner Reise durch Deutschland vom 3. bis 
5. Juni in München auf. König Ludwig hatte sich nicht entschließen können, ihn 
zu empfangen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.