Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 317
Der süddeutsche Bund sei früher möglich gewesen, jetzt nicht mehr.
Württemberg würde nur zugunsten einer grande Allemagne auf seine
Autonomie verzichten, nicht aber zugunsten Bayerns. Ja, wenn der König
von Bayern alles aufs Spiel setzen wollte, aufs Pferd steigen und mit
Hilfe der Revolution den König von Württemberg und den Großherzog
von Baden vertreiben wollte, dann sei es möglich, ein süddeutsches Königreich
zu gründen, das an Oesterreich und Frankreich gute Alliierte haben werde.
Er fügte bei: „Je n’'ai jamais compris la triade avec deux souverains
et une confédération.“ Nur eine zentralisierte Monarchie könnte die
Trias begründen. Das sei aber ein gefährlicher Weg, und dazu gehöre
ein schon gereifter Monarch, der sehr populär in Deutschland und der
sehr kühn vorzugehen entschlossen sei.
Auf die Kriegsfrage übergehend, erlaubte ich mir zu sagen, daß es
mir unbegreiflich scheine, wie man in Frankreich zum Krieg drängen könne.
Niemand werde dabei gewinnen.
Er gab dies zu, sagte aber, man müsse die Eigentümlichkeit des fran-
zösischen Charakters in Anschlag bringen. Der Franzose könne nicht warten
wie der Deutsche. Was er für zweckmäßig halte, das suche er sofort
auszuführen. Die Stockung des Verkehrs sei groß, der Franzose glaube,
daß die Beunruhigung nach dem Krieg aufhören werde; und da der gegen-
wärtige Zustand ihm unerträglich sei, so hoffe er zu Ruhe und Frieden
und zur Geschäftshebung durch den Krieg zu kommen.
„Quant à moi,“ setzte er hinzu, je trouve que la guerre est un
immense malheur qdu’'il faut éviter à tout prix, elle n'aura que des
Conséquences funestes et vous serez perdus les premiers. T'unite
allemande sera faite. Vous avez donc tout intéréèét à désirer la paix.“
Er sei übrigens überzeugt, daß Preußen den Krieg nicht wolle,
Preußen könne nichts dabei gewinnen. Es habe keinen Grund, die Ent-
wicklung Deutschlands zu überstürzen. Uebrigens, wenn er auch glaube,
daß die Selbständigkeit der süddeutschen Staaten bedroht sei, so glaube er
nicht, daß jetzt Gefahr drohe, der gegenwärtige Zustand könne noch lange
Jahre fortdauern.
Durch das ganze Gespräch zog sich eine große Bewunderung für
Bismarck und großer Respekt vor den preußischen Institutionen. Alles
was man von den inneren Schwierigkeiten der preußischen Lage sage, sei
dummes Zeug und Uebertreibung. Er kennt die Schattenseiten des preußi-
schen Wesens sehr genau, spricht den Süddeutschen mehr Talent, mehr
Selbstgefühl und größeren Lebensgenuß zu, während der Norddeutsche
sich nie Ruhe gönne und stets nach Gewinn laufe. Allein er legt großen
Wert auf die merkwürdige Disziplin im preußischen Volk, auf das Heer-
wesen und die Verwaltung.