Das bayrische Ministerium (I867 bis 1870) 321
Kürze der Frist „überraschend und verletzend“ und lehnte am 6. Juli die
Einladung ab.
Bericht an den König.
Münnchen, 10. Juli 1868.
Nachdem mündliche Mitteilungen des großherzoglich badischen Gesandten
zu der Befürchtung Veranlassung geben, daß die von dem treugehorsamst
Unterzeichneten gemeinschaftlich mit dem Kriegsminister in Anregung gebrachte
süddeutsche Militärkommission in Karlsruhe auf Bedenken stoßen wird und
diese vielleicht durch mündliche Besprechung mit dem Großherzoge selbst
gehoben werden können, erlaubt sich der treugehorsamst Unterzeichnete um
die Allerhöchste Ermächtigung zu bitten, sich unter dem Vorwand von Privat-
angelegenheiten nach Baden-Baden begeben zu dürfen, um dort zu versuchen,
die Bedenken des Großherzogs zu beseitigen und seine Zustimmung zu den
betreffenden Vorschlägen zu erlangen.
Zugleich erlaubt sich der treugehorsamst Unterzeichnete ehrfurchtsvollst
um die weitere Allerhöchste Ermächtigung zu bitten, sich bei dieser Gelegenheit
in Stuttgart aufzuhalten, um mündlich die Ratifikation des Ulmer Vertrags
bei Freiherrn von Varnbüler zu betreiben.
Journal.
Baden, 14. Juli 1868.
Am 13. früh kam ich in Stuttgart an, wo ich ein Telegramm Varn-
bülers fand, der mir seine Rückkehr von seinem Landsitz auf 10 Uhr in
Aussicht stellte. Schon um 9 Uhr schickte er aber, um zu fragen, ob er
mich besuchen könne, worauf ich mich zu ihm begab.
Er empfing mich mit der Bemerkung, daß er soeben die Ratifikation
des Königs empfangen, deshalb das Protokoll aufzusetzen angeordnet habe
und bereit sei, die Unterzeichnung desselben und den Austausch sogleich vor-
zunehmen. Er hob dann hervor, welche Konzessionen Württemberg gemacht
habe. 1) Durch die Uebertragung der Vizegouverneurstelle an Bayern, resp.
durch das Wegfallen des württembergischen Vizegouverneurs sei die zweite
Stadt des Königreichs beim Verhinderungsfalle des Gouverneurs in die
Hände Bayerns gegeben; ebenso sei auch der Geniedirektor ein großes
Opfer, und er habe dies alles nur sehr schwer durchsetzen können. Auch
werde ihm dies große Schwierigkeiten in der Kammer machen, denen er
nur dann mit Erfolg entgegentreten könne, wenn wir ihm anderseits in
der Frage der Verkehrsverhältnisse entgegenkämen. Hier habe er sich schon
mit Herrn von Schlör verständigt, und er bäte, daß ich die Absichten des
1) Bayern wurde durch den Ulmer Vertrag das Recht eingeräumt, den Vize-
gouverneur und den Geniedirektor zu ernennen.
Fürst Hohenlohe Denkwürdigkeiten. I 21