Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 327
was zu der Hoffnung Anlaß gibt, daß die badische Regierung sich bei
der fraglichen Beratung vertreten lassen wird.
Am 16. Juli früh reiste ich wieder von Baden ab.
Bericht an den König.
München, 22. Juli 1868.
Wenn der treugehorsamst Unterzeichnete wagt, Eurer Königlichen
Majestät seine Ansicht in einer Angelegenheit darzulegen, die zu denen
gehört, welche dem Allerhöchsteignen Ermessen vorbehalten zu werden
pflegen, so darf er vielleicht auf Nachsicht rechnen, wenn Eure Königliche
Majestät allergnädigst in Erwägung ziehen wollen, daß es Entschlüsse im
Privatleben Eurer Königlichen Majestät gibt, die von wesentlichem Ein-
flusse auf die Interessen des Staats im allgemeinen sind.
Eure Königliche Majestät haben den treugehorsamst Unterzeichneten
mit der Leitung der auswärtigen Angelegenheiten, mit der Sorge für die
Erhaltung der Monarchie und der Rechte Eurer Königlichen Majestät
betraut. Alles, was sonach auf das Wohl des Staats, auf dessen Selb-
ständigkeit und Machtstellung Einfluß haben kann, muß der treugehorsamst
Unterzeichnete zum Gegenstand seiner steten Aufmerksamkeit machen.
Hierzu gehören vor allem die Beziehungen Eurer Königlichen Majestät
zu fremden Souveränen.
Eure Königliche Majestät kennen die bedenkliche Lage, in welcher sich
die Mittelstaaten Deutschlands und insbesondere Bayern seit dem Kriege
von 1866 befinden. Mit der Auflösung des Deutschen Bundes ist Bayern
in eine Lage versetzt, die große Vorsicht und Klugheit erheischt, wenn das
Königreich bei eintretenden größeren Erschütterungen seine Selbständigkeit
erhalten soll. Kann nun auch das Königreich in der gegenwärtigen Lage
keine Bündnisse mit fremden Mächten eingehen, so liegt doch in den freund-
schaftlichen Beziehungen Eurer Königlichen Majestät zu fremden Souveränen,
insbesondere zu solchen, deren Stimmen im Rate der europäischen Mächte
gehört und beachtet werden, eine nicht zu unterschätzende Garantie. Zu
solchen Mächten gehört ohne Zweifel Rußland. Die persönlichen Be-
ziehungen Eurer Königlichen Majestät zu dem russischen Hofe sind zur-
zeit die besten und freundschaftlichsten. Der treugehorsamst Unterzeichnete
hat dies im Interesse Eurer Königlichen Majestät stets mit Freude und
Beruhigung wahrgenommen. Er kann deshalb nur wünschen, daß dieses
Verhältnis ungestört erhalten bleiben möchte. Hierzu bietet wohl die
Anwesenheit der kaiserlichen Familie in Kissingen den erwünschten Anlaß.
Eure Königliche Majestät haben dies dem treugehorsamst Unterzeichneten
gegenüber anzuerkennen und Allerhöchstihre Absicht, dem Kaiser und der
Kaiserin von Rußland dort einen Besuch zu machen, auszusprechen geruht.