Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 335 
Die beiden württembergischen Bevollmächtigten kamen gestern um 5 Uhr 
zu mir, und da sie den ganzen Tag auf eine Sitzung gewartet hatten, so 
hatten sie sich, um die Zeit zu vertreiben, mit Trinken beschäftigt. Staats- 
rat Scheurlen sah sehr rot aus und roch wie ein altes Weinfaß. Er 
lud mich ein, mit ihm bei Marschal zu essen, einer Restauration auf dem 
Dultplatz. Ich nahm dies an und fand dort außer Völderndorff noch 
Baur und einen württembergischen Finanzrat Knapp. Es wurde viel 
gegessen und noch mehr getrunken, Scheurlen hielt dann eine lange 
Rede auf mich, in welcher er mein „deutsches Herz“ und das „im Auge 
behalten großer Ziele“ hervorhob, worauf ich antwortete, daß, wenn 
man mir sonst wohl das Lob versöhnlichen Charakters gegeben habe, ich 
heute die Wahrheit dieses Lobes selbst anerkennen dürfe, nachdem es mir 
gelungen sei, die schwäbischen Querköpfe zu Freunden zu haben. Ich 
schloß dann mit einem Hoch auf den schwäbischen Volksstamm und auf 
die hier anwesenden Vertreter desselben. Um 8 Uhr trennte sich die 
Gesellschaft „in gehobener Stimmung“. Ich ging mit Suckow ins Theater, 
wo ich von General Beyer Abschied nahm. 
11. Oktober 1868. 
Gestern Mittag erhielt ich die Nachricht, daß die badischen Bevoll- 
mächtigten ihre Instruktion hätten. Ich beeilte mich sofort, die Einladung 
zur Konferenz auf 3 Uhr abzusenden. Um 3 Uhr war alles da. Nur 
der Kriegsminister Pranckh fehlte. Wir schickten nach ihm, doch war er 
nirgends zu finden. Ich hielt also die Sitzung ohne ihn, wir vereinigten 
uns bald, und um 5 Uhr waren wir glücklich fertig. Etwa um 6 Uhr 
ging ich zum Kriegsminister, um ihm die Beschlüsse mitzuteilen und ihn 
zur Unterzeichnung auf ½ 8 Uhr einzuladen. Ich fand ihn eben in sein 
Bureau zurückgekehrt, wo er gerade erst meinen Brief von Mittags erbrochen 
hatte. Von 12 Uhr bis 6 Uhr war er also spazieren gegangen. Um das 
Maß voll zu machen, fragte er, ob es nötig sei, daß er um ½8 Uhr 
käme, da er bei sich zu Hause um 8 Uhr eine Spielpartie hätte! Er 
sah aber doch, daß er durch diese Frage eine Dummheit gesagt hatte, und 
versicherte sofort, daß er kommen würde. Ich war den ganzen Tag im 
Ministerium gewesen und hatte nur eine halbe Stunde verwendet, um bei 
Quatresous!) zu essen. Der Kriegsminister, den die Sache doch zunächst 
anging, verwendet also sechs Stunden des Tags zum Spazierengehen und 
den Abend zur Spielpartie, an einem Tag, wo wirklich die Ehre Bayerns 
auf dem Spiele stand, denn hätten wir gar nichts zustande gebracht, 
so wären wir ungeheuer ausgelacht worden! 
  
1) Ein Weinrestaurant.
	        
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