Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

340 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
Rede, doch begriff ich nicht, warum er mit so besonderem Nachdruck die 
Phrase wiederholte: „Der Herr Zebaoth hat's gewollt, wer will's ihm wehren!“ 
Daran denkt ja niemand. Mir scheint, daß er den Herrn Zebaoth des 
Wohlklanges wegen so oft in seinen großen Mund nahm. Um 6 Uhr 
war Ministerrat, der bis nach 11 Uhr dauerte. Außer der Frage der 
katholischen Universität wurde auch die Reorganisation der Kammer der 
Reichsräte eingehend diskutiert. Schlör sprach sich merkwürdigerweise 
gegen die Erweiterung durch gewählte Mitglieder aus. Die andern 
Minister stimmten für die Wahl, modifizierten aber meinen Vorschlag 
dahin, daß nur zwei Mitglieder in jedem Kreis von den dreihundert Höchst- 
besteuerten genommen werden sollten, dazu die Vertreter der Universitäten 
und der Akademie sowie des Polytechnikums. So wird wohl der Antrag 
in der Kammer durchgehen. Minister Hörmann wird nun den Antrag 
an den König stellen. Die Reichsräte gehen mit dem Gedanken um, selbst 
einen Entwurf einzubringen, doch wird es besser sein, wenn wir ihnen 
zuvorkommen. 
Um ½ 12 Uhr war ich endlich fertig. Jedenfalls war der gestrige 
Tag einer der mühsamsten Ministertage. 
München, 6. Dezember 1868. 
Gestern war Graf Usedom auf seiner Rückreise nach Florenz bei mir 
und benützte seinen Besuch, mir einen Vortrag über seine Tätigkeit in 
Florenz während des Jahres 1866 zu halten. 
Er begann damit, zu erzählen, wie man von Florenz aus schon im 
Jahre 1865 Versuche gemacht habe, die Oesterreicher zum Verkauf von 
Venedig zu veranlassen. Der Abgesandte, ein gewisser Landau, habe in 
Wien viel Anklang gefunden, sogar Graf Mensdorff habe sich nicht ab- 
geneigt gezeigt, doch sei die Sache an dem Widerspruch des Kaisers und 
der Militärpartei gescheitert, welche es nicht mit der militärischen Ehre 
Oesterreichs für vereinbar gehalten hätten, Venedig ohne Kampf aufzugeben. 
Dies benützte nun Usedom, um die Italiener zum Bündnis mit Preußen 
zu drängen, um anderseits die preußischen Pläne in Deutschland mit der 
Hilfe Italiens zur Ausführung zu bringen. Govone wurde nach Berlin 
geschickt. Lamarmora, der der Ansicht war, man könne ja warten, bis 
die reife Frucht den Italienern in den Schoß falle, war dagegen. Usedom 
aber machte geltend, daß, wenn Preußen ohne Italien Krieg führe, das 
Resultat zweifelhaft sei, und wenn Oesterreich siege, Italien nicht auf 
Venedigs Abtretung rechnen könne. Dieses Räsonnement scheint den 
Ausschlag gegeben zu haben. So kam das Bündnis mit Italien zustande. 
Während nun England und Frankreich auf Lokalisierung des Krieges 
drangen, drängte Preußen auf den Einmarsch der Italiener in Ungarn.
	        
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