Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 343 
von Bismarck sprachen, erzählte mir Usedom als ein Beispiel wie man 
seine Ansichten ändern könnte, daß es Bismarck war, der Manteuffel nach 
Olmütz trieb. Bismarck hielt damals die österreichische Allianz für das 
einzige Heilmittel und blieb dieser Ansicht, bis er sich als Bundestags- 
gesandter davon überzeugte, daß dies nicht möglich sei. 
München, 21. Dezember 1868. 
Heute war Fröbel bei mir, der eben von Berlin und Wien zurückkam. 
Er erzählte mir, daß er in Wien die Stimmung vollständig verändert 
gefunden habe. Während man voriges Jahr noch an den Zerfall Oester- 
reichs geglaubt habe, sei jetzt das Selbstvertrauen wieder groß, und man 
gehe schon wieder soweit, ganz bestimmt zu verlangen, Süddeutschland 
müsse sich an Oesterreich anschließen, damit Oesterreich nicht ganz magyari- 
siert werde. Auf die kleinen deutschen Dynastien brauche man, meint man 
dort, keine Rücksicht zu nehmen, da diese sich feindlich oder unbrauchbar 
erwiesen hätten. Dies ist die Stimmung in den deutschparlamentarischen 
Kreisen. Die Minister äußern sich vorsichtiger. Mit Beust hatte Fröbel 
ein längeres Gespräch, in welchem dieser ihm wegen der Haltung der 
„Süddeutschen Presse“ Vorwürfe machte, später sich aber beruhigte. Beust 
behauptet, sich nicht in die deutschen Angelegenheiten mischen zu wollen. 
Allein aus seinen Gesprächen ging doch hervor, daß er es nicht ehrlich 
meint. Im allgemeinen bezeichnet Fröbel die Stimmung in Wien so, daß 
dort eine friedliche Lösung der deutschen Frage nicht für möglich ge- 
halten wird. 
Mit Bismarck hat Fröbel eine einstündige Unterredung gehabt. 
Bismarck sagte, er werde Süddeutschland gegenüber sich passiv verhalten. 
Die Entwicklung Deutschlands könne noch dreißig Jahre dauern, und das 
schade nicht. Es sei eine große Entwicklung, die Zeit brauche. Vom 
Zollparlament verspricht sich Bismarck die weitere Ausbildung der deutschen 
Verhältnisse. Er besprach auch das Jahr 1866 und meinte, daß wenn 
er auch damals ganz Süddeutschland und Deutsch-Oesterreich mit Preußen 
hätte vereinigen können, er es nicht getan haben würde, weil damit zu 
viele heterogene Elemente zusammengeworfen worden wären und daraus 
keine dauernde Gestaltung geschaffen worden wäre. Gegen den süddeutschen 
Bund hatte er nichts zu erinnern, doch gab er zu, daß damit die erneute 
Teilnahme Oesterreichs an den deutschen Verhältnissen ermöglicht werde, 
woraus Schwierigkeiten entstehen könnten. Von einem Bedrohen der 
süddeutschen Selbständigkeit seitens Norddeutschlands hatte Fröbel in Berlin 
nichts gemerkt. Unfre Selbständigkeit werde von Oesterreich aus bedroht. 
Ein Brief eines Mannes aus Wien, der keine politische Stellung habe, 
aber mit Beust in Verbindung stehe, und den Fröbel hier erhalten hat,
	        
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