Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 345 
(was Ingelheim zuerst bestreiten wollte, was ich ihm aber durch Vorlesen 
des Artikels IV des Prager Friedens beweisen konnte). Ich zeigte ihm 
dann, daß Oesterreich selbst die Notwendigkeit einer neuen Gestaltung 
Deutschlands in Artikel IV anerkannt habe, daß also diese Gestaltung 
stattfinden müsse und daß man sich auf eine negative Haltung nicht be- 
schränken dürfe, ohne dem Prager Frieden zuwiderzuhandeln. Die Ver- 
bindung der süddeutschen Staaten in Form eines Staatenvereins und 
dessen Verbindung mit Norddeutschland sei nicht unmöglich, und deshalb 
dürfe man keinen Vertrag abschließen, der möglicherweise ein solches Ziel 
ausschließe. Uebrigens wollte ich mir seinen Rat überlegen. 
Der bayrische Gesandte in Karlsruhe Freiherr von Riederer hatte am 
15. Januar berichtet, daß Großherzog Friedrich von Baden ihm bei 
mehreren Gelegenheiten den Wunsch ausgedrückt habe, mit König Ludwig 
in einen persönlichen Gedankenaustausch über die politische Lage Deutsch- 
lands zu treten. Hierauf bezieht sich der folgende Bericht des Fürsten 
vom 22. Januar 1869: 
Eure Königliche Majestät haben dem treugehorsamst Unterzeichneten 
durch Schreiben Allerhöchstihres Kabinettssekretärs den Auftrag erteilen 
zu lassen geruht, sich über den in der Depesche des Königlichen Gesandten 
in Karlsruhe angedeuteten Wunsch des Großherzogs von Baden, mit Eurer 
Königlichen Majestät zusammenzutreffen, gutachtlich zu äußern. 
Der treugehorsamst Unterzeichnete muß diese Begegnung um so mehr 
als im Interesse Eurer Königlichen Majestät liegend bezeichnen, als die 
Begründung persönlicher freundschaftlicher Beziehungen zwischen Eurer 
Königlichen Majestät und dem Großherzog von Baden wesentlich dazu 
beitragen wird, die Bemühungen des treugehorsamst Unterzeichneten zu 
unterstützen, Baden von einer einseitigen Politik abzuhalten und dahin zu 
führen, eine mit der Politik der übrigen süddeutschen Staaten mehr 
harmonierende Stellung einzunehmen. Der Umschwung, welcher sich in 
dieser Beziehung in der Stimmung des badischen Volks vorbereitet, scheint 
diese Aenderung der badischen Politik fördern zu wollen, und ein Zu- 
sammentreffen mit Eurer Königlichen Majestät wird dem Großherzog von 
Baden Vertrauen und Mut geben, sich mehr demjenigen Teile seiner 
Untertanen zu nähern, welcher das Aufgeben der badischen Selbständigkeit 
als ein Unglück für das Land betrachtet. Eure Königliche Majestät wissen, 
daß die Tätigkeit des Ministers in gewissen Situationen nicht ausreicht. 
Das persönliche Hervortreten Eurer Königlichen Majestät und Allerhöchst- 
deren Zusammentreffen mit den übrigen deutschen Monarchen kann zur- 
zeit noch auf die Gestaltung der Dinge in Deutschland bedeutenden
	        
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