Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 363
könnten. Dagegen vermögen wir nicht dafür zu stimmen, daß der bloßen
Präsumtion möglicher Eingriffe in diese Rechte die Tatsache einer diplo-
matischen Konferenz entgegengestellt und dadurch — abgesehen von der
erhöhten Schwierigkeit, auf so unsicherem Grunde zu festen Einverständnissen
zu gelangen — vielleicht der Schein einer beabsichtigten Kontrolle und
Beschränkung der Freiheit der katholischen Kirche hervorgerufen und die
Spannung der Gemüter ohne Not vermehrt werden könnte.
Die hier dargelegte Auffassung hat übrigens die Kaiserlich Königliche
Regierung nicht abhalten können, die von dem Königlich bayrischen Kabinette
ausgegangene Anregung zu einem Meinungsaustausche über diese bedeutungs-
volle Angelegenheit in ihrem ganzen Werte anzuerkennen. Wir fühlen
uns dem Herrn Fürsten von Hohenlohe für die Mitteilung seiner Ansicht
und für den uns dadurch gebotenen Anlaß, unser Verhältnis zur Sache
darzulegen, aufrichtig verpflichtet, und Eure Exzellenz wollen es übernehmen,
dieser Gesinnung bei Seiner Durchlaucht den wärmsten Ausdruck zu ver-
leihen. Eine Abschrift des gegenwärtigen Erlasses sind Sie ermächtigt
dem Herrn Ministerpräsidenten, falls es gewünscht wird, zur Verfügung
zu stellen.
von Beust.
Von dem Fürsten Hohenlohe geschriebener Artikel für die
„Augsburger Abendzeitung“. «
Die Antwort des Grafen Beust auf die Depesche des Fürsten Hohen-
lohe betreffend das Konzil ist ein zu eigentümliches Aktenstück, als daß wir
es unterlassen könnten, demselben einige erläuternde Worte zu widmen.
Graf Beust geht zunächst von dem Grundsatze aus, daß eine Regierung,
welche wie die österreichisch-ungarische die Freiheit aller verschiedenen Religions-
bekenntnisse innerhalb der freiheitlich konstituierten Gesellschaft zum leitenden
Grundsatze erhoben hat, dem Konzil kein „System präventiver, ein-
schränkender Maßnahmen“ gegenüberstellen könne. Wer die Depesche des
Fürsten Hohenlohe gelesen hat, wird mit Erstaunen hören, daß sie ein
System präventiver, einschränkender Maßnahmen enthalte. Von einem
solchen Vorschlage ist in der Depesche keine Spur zu finden. Der bayrische
Minister erkundigt sich danach, welche Haltung die Regierungen dem Konzil
gegenüber einzunehmen beabsichtigen, und schlägt bestimmte Wege vor zur
Verständigung unter den Regierungen zu dem Zwecke, die römische Kurie
über die Anschauungen dieser Regierungen nicht im Zweifel zu lassen. Der
Zweck der bayrischen Regierung war also kein andrer, als die Regierungen
aufzufordern, ihre Stellung gegenüber dem Konzil ernstlich ins Auge zu
fassen. Allerdings würde Graf Beust berechtigt gewesen sein, die Oppor-
tunität und die Berechtigung „einschränkender Maßnahmen"“ zu bezweifeln,