370 Das bayrische Ministerium (I867 bis 1870)
Vertrauens in der Beurteilung meiner außerhalb des Kreises dieser Ver-
sammlung liegenden Tätigkeit zu suchen. Damit gewinnt aber Ihre Ab-
stimmung für mich eine höhere politische Bedeutung. Das Votum dieser
Versammlung gibt mir den Mut, auszuharren auf dem Wege, den ich
für den richtigen halte, auszuharren in dem Bestreben, die Versöhnung,
Verständigung und Eintracht der deutschen Stämme nach Kräften zu
fördern.
In diesem Geiste nehme ich das mir übertragene Amt an und bitte
Sie nur noch, mir Ihre wohlwollende Nachsicht nicht zu entziehen, wenn
ich berufen sein sollte, die Verhandlungen dieser hohen Versammlung zu
leiten.
Berlin, 7. Juni 1869.
Gestern war ich zum Diner nach Potsdam eingeladen. Ich fuhr
um ¾2 Uhr auf den Bahnhof, wo ich Hugo und Stillfried fand,
mit denen ich in einen Waggon stieg. In Neuendorf (zu meiner Zeit
hieß es Nowawes) fanden wir die königlichen Equipagen, die uns nach
Babelsberg brachten. Ich war seit vierundzwanzig Jahren nicht dort ge-
wesen. Das Schloß ist sehr schön geworden, noch schöner der Park. Wo
zu meiner Zeit nur elende Anpflanzungen waren, ist jetzt ein schöner
englischer Park mit großen Bäumen. Alles prächtig gehalten. Beim Diner
waren der König, die kronprinzlichen Herrschaften, der Prinz von Hessen
mit Prinzeß Alice und alle sonstigen Herrschaften. Der König war
liebenswürdig wie immer, erkundigte sich nach dem König von Bayern
und Prinz Otto, ließ sich aber sonst nicht in politische Gespräche ein. Die
Kronprinzeß sprach viel eingehender, fragte, wann der König kommen
werde, und erging sich in deutsch-politischen Erörterungen. Prinzeß Alice
erinnerte mich an Osborne. Ueberhaupt war man sehr liebenswürdig
und sagte mir viel Schmeichelhaftes über meine Rede. Ich saß neben
Prinz Georg, mit dem ich viel über Wagner sprach. Nach Tisch kam
eine Menge kleiner Prinzen und Prinzessinnen, die den alten König um-
ringten und ihm die Hand küßten. Es sah recht hübsch und patriarchalisch
aus. Um 6 Uhr war ich wieder zurück, ging dann noch zu Perglas, wo
ich eigentlich hätte essen sollen, und begrüßte die dort eingeladenen Größen,
die bei der Zigarre in „angegessenem Zustand“ im Salon saßen. Abends
machte ich einen Spaziergang zu Kroll, wo ich die „süddeutsche Fraktion“
fand: Schrenck, Franckenstein, Aretin u. s. w., mit denen ich freund-
schaftlich nach Hause wanderte.
Heute Morgen war Zollparlament. Ich hatte die nationalliberale
Partei bewogen, die Frage wegen des bayrischen Wahlgesetzes zum Zoll-
parlament, die voriges Jahr unangenehme Debatten veranlaßt hatte und
die wieder auftauchen wollte, fallen zu lassen, indem ich ihnen versprach,