Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 371 
eine beruhigende Rede zu halten. Dies tat ich auch; die Rede erntete 
Bravos, und wir kamen ohne Diskussion über die ganze Geschichte weg. 
Um 6 Uhr war Diner bei dem amerikanischen Gesandten. Ich saß neben 
seiner Frau, einer alten Amerikanerin, sehr elegant, mit der ich scheußliches 
Englisch sprach. Sie schwärmt für Erckmann-Chatrian und empfiehlt 
seine Bücher allen young ladies. Nachdem wir die verschiedenartigsten 
Weine getrunken hatten, brachte Mister Bancroft einen Toast auf den 
König von Bayern aus. Ich erwiderte, daß ich diesen Toast dem König 
melden würde, der eine große Sympathie für die Amerikaner habe, daß 
seine Worte um so mehr Wert hätten, als sie von einem so ausgezeichneten 
Manne wie Mister Bancroft kämen, sprach noch von der Verbrüderung 
der Nationen und von der Hoffnung, welche alle Wohlgesinnten beseele, 
daß die Völker dieses Ziel erreichen würden, und trank dann in einem 
nicht sehr glücklichen Uebergang auf das Wohl des Mannes, der diese 
Hoffnung teile, nämlich auf Mister Bancroft. Die Rede war nicht 
sehr abgerundet, aber doch erträglich. 
Berlin, 8. Juni 1869. 
Heute Morgen war Perglas lange bei mir, um mit mir über die 
Liquidationsverhandlungen zu sprechen. Während er da war, kam auch 
ein Herr Sterkow (oder wie er heißt), der mit dem Zeichen (—) Kor- 
respondenzartikel in die „Allgemeine Zeitung“ schreibt. Ein wohlunterrichteter 
Mann, aber der Typ eines Preßhusaren. Dann fuhr ich Visiten. Zuerst 
bei Prinz August von Württemberg, der mir seinen mit Jagdgegenständen 
reich verzierten Saal zeigte, dann zu verschiedenen Prinzen, wo ich mich 
einschrieb, und endlich zu Moltke, mit dem ich ein langes Gespräch über 
den Krieg hatte, das ich besonders aufzeichnen werde. Es ist ein merk- 
würdiger, klarer, entschlossener Mann. Um 4 Uhr war großes Diner bei 
Hof zu Ehren des Vizekönigs von Aegypten. Wir fuhren, Viktor und 
ich zusammen, in der Galaequipage. Im Schloß war schon alles ver- 
sammelt, mit Ausnahme des Königs. Der Vizekönig kam etwas früher 
als der König. Er ist ein kleiner Mann mit einem Bartj; trotz seiner 
gestickten Uniform und dem Schwarzen Adler machte er mir den Eindruck 
eines französischen Cafewirts. Bei Tisch saß ich neben Boguslaw Radzi- 
will und Viktor. Ersterer sprach schwärmerisch von seinen verschiedenen 
Kindern, die im geistlichen Stande sind. Eine Tochter Nonne und zwei 
Söhne Geistliche. Es war rührend, wie er mir erzählte, daß er seine 
Tochter, die für ihn eine wahre Freundin gewesen sei, so ungern habe 
ins Kloster gehen lassen, daß sie jetzt aber sehr glücklich sei. Sie ist 
barmherzige Schwester. Nach Tisch hatte ich eine lange Unterhaltung mit 
Prinzeß Karl, dann mit Prinzeß Alice, die sehr heiter und liebenswürdig 
ist, endlich mit der Kronprinzeß, für die ich ein ganz besonderes tendre
	        
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