Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

372 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
habe, und dann ließ ich mich dem Vizekönig vorstellen, der glücklich war, 
mit mir über Aegypten sprechen zu können. Er spricht sehr gut 
Französisch. Alles, was Berlin an großen Tieren besitzt, war anwesend. 
Auch Bluntschli traf ich, mit dem ich über Jesuiten, Konzil und 
Protestantentag redete. 
Nun bin ich aber von alldem ganz schwindlig, um so mehr, als man 
die grauenhafte Idee hatte, eine Militärblechmusik während der Tafel 
spielen zu lassen, was wahrhaft betäubend wirkte. 
Gespräch mit General von Moltke am 8. Juni 1869. 
Bei einem Besuche bei General von Moltke kam die Rede auf die 
süddeutschen Verhältnisse. Moltke verkannte nicht, was wir bisher getan 
hätten, bemerkte aber, daß wir möglicherweise bei einem auswärtigen 
Kriege die Politik des Zuspätkommens befolgen würden. Wir seien nicht 
gerüstet und würden diese Politik befolgen, ohne uns eines Vertragsbruchs 
schuldig zu machen. Ich erwiderte, daß man zu einer tüchtigen Aus- 
bildung der Armee viel Geld brauche. Dieses werde aber von den 
Kammern abhängen. Diese teilen sich in Ultramontane und Liberale. 
Letztere bewilligten überall nicht gern Geld für die Armee. Erstere würden 
mehr Geld bewilligen, wenn sie nicht die Befürchtung hegten, daß der 
Krieg doch schließlich mit dem Verlust der Selbständigkeit des Landes ende. 
Hätte diese Partei die Gewißheit, daß der Krieg das Resultat des Ver- 
lusts der Selbständigkeit nicht habe, so würden sie eher zu Geldbewilli- 
gungen bereit sein. Eine solche Garantie biete uns nur ein staatsrechtliches 
Band unter den süddeutschen Staaten. Moltke erwiderte, ohne auf letzteren 
Punkt einzugehen, daß die Befürchtung vollkommen grundlos sei. (Das 
gleiche wurde mir eingehend von dem General der Artillerie Prinzen 
Hohenlohe auseinandergesetzt.) 
Auf den Krieg selbst eingehend, sagte er: Frankreich werde keinen Krieg 
beginnen, wenn Oesterreich nicht mitgeht, so dumm seien die Franzosen 
nicht. Sie wüßten zu gut, daß sie Preußen nicht gewachsen seien, wenn 
sie allein angriffen. Oesterreich aber sei jetzt nicht gerüstet. Wenn der 
Krieg mit Frankreich und Oesterreich ausbreche, so werde sich Preußen 
in seinem Feldzugsplan nicht irre machen lassen. Man werde alle Streit- 
kräfte auf Frankreich werfen und die Oesterreicher möchten unterdessen 
tun, was sie wollten, und wenn sie bis Berlin marschierten. 
Was Ulm betrifft, so sagte Moltke, es sei eine österreichische Festung 
und habe wenig Wert. Man könne es aber doch nicht aufgeben. 
Bezüglich der Liquidationskommission erwähnte er nur, daß man in 
Preußen nichts wolle, als sich vergewissern, daß die Kanonen, welche doch
	        
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