Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 377
mir wieder einen parlamentarischen Sukzeß erringen würde. Da ich nun
unsre lieben, gemütlichen Landsleute kenne, so schwieg ich, war aber um
so mehr entschlossen, meinen Antrag einzubringen. Nun kam die Dis—
kussion. Der Referent stellte den Antrag sehr harmlos dar. Ein Hesse
sprach dagegen, und nun wollte man schon schließen, worauf dann Metz
nur allein noch gesprochen haben würde. Ich bat also ums Wort und
motivierte kurz meinen Antrag. Darauf sprach Metz, gerade wie ich es
vorausgesehen hatte, mit Ausfällen auf den süddeutschen Partikularismus,
in seinem gewöhnlichen, verletzenden, marktschreierischen Ton. Da ich gesagt
hatte, der Antrag verletze in der Form mein ästhetisch-diplomatisches Gefühl,
so gab er mir einen kleinen Hieb, rühmte aber meine „nationale Gesinnung“
und erklärte sich mit meiner Modifikation einverstanden und zog seinen
Antrag zurück. So kam denn mein Antrag fast einstimmig zur Annahme.
Fast alle Ultramontanen stimmten mit. Ich habe dadurch mir den Boden
in München für die Rückkehr wieder smooth gemacht, ohne mir hier zu
schaden. Was meine Rede anbetrifft, so hatte ich den Fehler begangen,
sie vorher zu notieren, wodurch sie schlecht wurde, wie ich nachher aus
den stenographischen Aufzeichnungen ersah. Der Erfolg blieb aber doch.
Nach der Sitzung fuhr ich in den Friedrichshain, den ich noch nie
gesehen hatte, da er am Ende der Königstraße liegt. Eine hübsche,
englische Anlage.
Abends war ich mit Karl und Kraft im Wallnertheater, um „Heyde-
mann und Sohn“ zu sehen. Ein außerordentlich amüsantes Stück. Das
Wallnertheater ist das einzige, das ich besuche. Das Ballett „Fantaska“ habe
ich einmal gesehen. Es ist das unsinnigste Zeug, der glänzendste Blödsinn,
der noch je auf dem Theater dargestellt wurde. Die Ausstattung ist
prachtvoll, doch ist es schade, so viel Geld auf ein so wahnsinniges
Machwerk zu verwenden. Wenn man sieht, wie solche Sachen bewundert
werden, so überschleicht einen das wehmütige Gefühl, daß die Menschheit
zurückgeht.
Gespräch mit Graf Bismarck.
Berlin, 23. Juni 1869.
Der preußische Minister sprach zuerst von der Beendigung des Parla-
ments und dessen Resultaten und von der Haltung der Parteien, er er-
klärte sich sehr zufrieden, daß wenigstens etwas zustande gebracht worden
sei. Was die politischen Diskussionen betrifft, so habe er die Parteiführer
darauf aufmerksam gemacht, daß es gegenüber der Stimmung in Süd-
deutschland ganz unfruchtbar sei, Fragen zu berühren, bei welchen doch
nur eine süddeutsche Minderheit über die süddeutsche Mehrheit mit Hilfe
der Norddeutschen den Sieg davontragen werde.