Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Aus der Jugend (1819 bis 1817) 29 
Poeten gehört, der dann und wann selbst in eine schöne Mondnacht 
hinaus sieht. Es ist mir dann, als freute sich der alte Steinkasten 
selbst darüber. 
14. März 1846. 
.. Ich bekomme jetzt einen sehr guten Pfarrer nach Frankenheim, 
einen ernsten, tüchtigen Mann namens Bischof, der neulich hier war. Er 
ist von allen Bewerbern der fähigste seinen Zeugnissen nach, und seine 
Unterhaltung war mir eine Freude in meiner Einsamkeit. Ich war gleich 
mit ihm ganz zu Hause in einem philosophischen Gespräch, was immer ein 
Beweis für ihn ist. Dabei ist er kein Rationalist, sondern ein ordentlicher 
Christ, aber auch kein Mucker, und, wenn meine Menschenkenntnis mich 
auch oft täuscht, so habe ich doch für Pfarrer, Gouvernanten und Hof- 
meister einen richtigen Blick. 
Ich richte den Garten jetzt etwas her, mache Anschläge und Pläne 
für Einrichtung eines Gartenhauses. Anlagen zu machen und zu bauen, 
wird mich übrigens nie sehr beschäftigen. Ich langweile mich horrend 
dabei, besonders beim Bauen. 
7. April 1846. 
Das Gervinussche Buch #) habe ich gelesen. Vieles ist mir aus der 
Seele geschrieben, besonders der Ekel vor allem Dogmatischen, der mir 
durch Traktätchen von Gustel bis zum höchsten Grade gesteigert worden 
ist. Sehr richtig ist auch, was er über Schleiermacher sagt. Allein in 
seine sanguinischen Hoffnungen kann ich nicht einstimmen, insbesondere 
darin nicht, daß er seine Hoffnungen auf solche Wasserschädel wie Ronge 
und Czersky verschwendet. Zwar würde ich mich auch über eine große, 
allgemeine christliche Kirche freuen, die das Christentum rein und erhaben 
erfaßte, ich glaube auch, daß so etwas möglich ist, ich bin aber darin 
entgegengesetzer Ansicht, daß diese kirchliche oder religiöse Einigung vor 
der politischen möglich sei. Letzteres glaube und hoffe ich nicht. Der 
religiösen Einheit muß die politische vorangehen, wenn nicht eben durch 
das Streben nach religiöser Einheit ein Zustand herbeigeführt werden soll, 
der zum Gegenteil führt. Dieser unklare Satz sollte freilich noch weiter 
ausgeführt werden, doch hoffe ich, Du verstehst ihn schon. 
Ich kann mich übrigens, soviel ich mir in letzter Zeit habe vorlügen 
wollen, in alle Dogmen nicht mehr hineinarbeiten, und deshalb eben habe 
ich einige Stellen in dem Gervinusschen Buche als meine innersten Gedanken 
erkannt. Ich bin überhaupt in der Einsamkeit dieses Winters unendlich 
  
1) „Die Mission der Deutschkatholiken.“ 1846.
	        
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