Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

378 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
Davon abspringend, berührte er die Frage der Liquidationskommission, 
erklärte sein Einverständnis mit den Münchner Verabredungen und fügte 
bei, daß er den Antrag bei dem König von Preußen gestellt habe, diese 
Vereinbarungen genehmigen zu wollen; er habe nur noch den Wunsch, 
der ihm durch das Kriegsministerium nahegelegt worden sei, und der darin 
bestehe, es möchten Mitglieder der Subkommission, bayrische und preußische 
(oder auch andre), eine Reise nach Landau machen, um dort zu beraten, 
ob es nicht zweckmäßiger sei, das bewegliche Material nach Germersheim 
zu bringen und Landau ganz aufzugeben. Er bat mich, ich möchte die 
Sache in München in Anregung bringen. Auf die deutsche Frage zurück- 
kehrend, erging sich Graf Bismarck in einer längeren Darlegung der 
Gründe, weshalb Preußen gar nicht daran denke, irgendwie die Selb- 
ständigkeit Bayerns oder der andern süddeutschen Staaten zu beeinträchtigen. 
Baden habe für Preußen keinen Wert, und das Entgegenkommen Badens 
könne von Preußen nicht berücksichtigt werden. Dort seien Offiziere, aber 
keine Soldaten — politisch gesprochen. Damit könne man nichts machen. 
Die Entwicklung in Deutschland werde sehr langsam gehen, und 
Preußen habe noch zu viel im Norddeutschen Bund zu tun, um sich darauf 
einzulassen, heterogene Elemente in den Bund aufzunehmen oder mit den- 
selben einen Bund einzugehen, der den Kristallisationsprozeß des Nord- 
deutschen Bundes nur stören würde. 
Darauf bemerkte ich, es liege in dem gegenwärtigen Zustand von 
Deutschland eine große Gefahr sowohl für den Norden als den Süden. 
Solange Frieden bleibe, habe dies nichts zu sagen, aber breche der Krieg 
aus, so würde man sich in Süddeutschland fragen, wozu führen wir den 
Krieg? Siegen wir, so werden wir nachher in den Norddeutschen Bund 
eintreten, werden wir besiegt, so sind wir auch verloren. Um solche Er- 
wägungen zu beseitigen, um den Süden zu rückhaltloser freudiger Mit- 
wirkung zu bringen, sei es notwendig, ihm die Garantie seiner Selb- 
ständigkeit nach dem Kriege zu verschaffen, und dies geschehe durch einen 
weiteren Bund nach Analogie des alten Deutschen Bundes zwischen Süd- 
deutschland und dem Norden. Ich fragte also Graf Bismarck, ob er auch 
diese Verbindung als eine solche ansehe, welche die Entwicklung und Aus- 
bildung des Norddeutschen Bundes störe. Er erwiderte eifrig, da müsse 
er sich nicht klar ausgedrückt haben, dieser Gedanke sei ihm fern, jede 
Verbindung, die wir ihm böten, werde er dankbar annehmen. Jene Be- 
fürchtungen seien aber unbegründet; erstens werde Preußen nach dem Krieg, 
wenn er mit Hilfe Süddeutschlands geführt werde, nicht so niederträchtig 
sein, seinen Bundesgenossen Bedingungen vorzuschreiben, die sie nicht an- 
nehmen könnten, und dann werde der Krieg jedenfalls für Preußen siegreich 
ausfallen, da Frankreich Preußen nicht gewachsen sei. Er führte das
	        
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