Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 370 
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durch Aufzählung der preußischen Truppen und durch Vergleichung mit 
den Franzosen weitläufig aus. Außerdem wies er auf die Allianz mit 
Rußland hin, widerlegte meine Einwände bezüglich einer antipreußischen 
Stimmung in Rußland, indem er nachwies, daß dies nur die Preßmanöver 
der Hietzinger Intriganten seien, welche durch Vermittlung des Groß- 
fürsten Konstantin gleichzeitig dieselben Artikel in die „Moskauer Zeitung“, 
den „Beobachter“ und die „Sächsische Zeitung“ einrücken ließen. 
An den Bruch der Allianzverträge seitens der süddeutschen Staaten 
glaube er nicht im entferntesten. Auch sei dies für Bayern viel zu ge- 
fährlich, da trotz seiner deutschen Gesinnung und seinem guten Willen 
im Fall des Bruchs der Allianzverträge dann eine Strömung eintreten 
könne, die zur Teilung Bayerns zwischen Norddeutschland und Oesterreich 
führen würde. Er würde dagegen sein, aber er werde es in einem solchen 
Falle nicht hindern können. Die Allianz Frankreichs mit Italien habe 
für ersteres keinen Wert, die Italiener würden nicht marschieren, wenn 
auch Viktor Emanuel, der durch Geld und Frauenzimmer zu allem zu 
bringen sei, einen Vertrag mit Frankreich abschließen wolle. 
Er kam dann auf die französische Diplomatie zu reden, äußerte sich 
wegwerfend über Grammont und Moustier, günstig über Benedetti. 
Dann ging er auf die Erinnerungen von 1866 über. Hier erzählte er, 
der eigentliche Grund, weshalb er sich beeilt habe, den Frieden in Nikols- 
burg zu schließen, habe in der ungarischen Frage gelegen. Sie hätten 
nicht daran gedacht, die ungarische Revolution loszulassen, wenn sich 
Frankreich nicht eingemischt hätte. In dem Augenublick der französischen 
Einmischung habe man aber den Krieg mit Frankreich befürchten müssen, 
und deshalb habe er dann Klapka losgelassen. Nun sei aber daraus die 
Gefahr entstanden, diese Bewegung zu einer Ausdehnung heranwachsen 
zu sehen, die zu europäischen Verwicklungen geführt und namentlich Ruß- 
land beunruhigt haben würde. Die Befürchtung, den Krieg so große 
Dimensionen annehmen zu sehen, die Rücksicht auf die Gefahren, welchen 
die preußische Armee durch Cholera und Fieber ausgesetzt gewesen, hätten 
ihn veranlaßt, in Nikolsburg entschieden auf Frieden zu dringen, selbst 
mit Anbieten seiner Entlassung. 
„Man glaubt immer,“ sagte er, „ich hätte damals nur in Triumphen 
geschwommen, und ich kann Sie versichern, daß ich nie eine schrecklichere 
Zeit durchgemacht habe. Alle im Hauptquartier sahen mich wie einen 
Verräter an, und wenn ich an den hohen Fenstern des Schlosses stand, 
so dachte ich oft: „Tust du nicht am Ende besser, wenn du da hinunter- 
springst?“ Ich habe oft im Konseil solche Szenen gehabt, daß ich auf- 
sprang, hinauslief, die Türe zuwarf, mich aufs Bett legte und wie ein 
Schloßhund heulte.“
	        
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