Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 381 
sei, weiter aus. Der König ist immer voll Mißtrauen, was in seinem 
äußerst skeptischen Wesen begründet ist. Den Allianzvertrag, behauptete 
er, könnten wir jeden Augenblick lösen, es sei darin ein Passus, der uns 
dies ermögliche, was ich natürlich bestreiten mußte, wogegen ich zugab, 
daß man jeden Vertrag kündigen kann, wenn man es in seinem Interesse 
findet. Dies aber sei hier nicht der Fall. Ich führte die Gefahr aus, 
die uns das bringen würde. Besser sei es, ein Bündnis nach Art des 
Deutschen Bundes mit Preußen abzuschließen. Dagegen seien zwar die 
Minister, die behaupteten, daß ein solches Bündnis den Fortschrittlern zu 
wenig und den Ultramontanen zu viel sei. Der König erwiderte sehr 
treffend, das sei gleichgültig, auf die öffentliche Meinung dürfe man nicht 
zu viel geben. Auch begreife er nicht, was die Minister damit zu tun 
hätten. „Sie sind ja Minister des Aeußern, die andern geht das gar 
nichts an.“ 
Ich erwiderte, daß die auswärtige Politik auf die Lage des ganzen 
Ministeriums so viel Einfluß habe, daß man es den Ministern nicht übel- 
nehmen könne, wenn sie wissen wollen, was ich tue. Dazu kommt, daß 
der König den andern Ministern sein Erstaunen ausspricht, wenn sie nichts 
von dem wissen, was im Ministerium des Aeußern geschieht, wodurch 
diese Herren natürlich gegen mich aufgehetzt werden. Das ist so die Natur 
des Königs, die Leute hintereinander zu hetzen. Ich kann das nur durch 
die größte Ehrlichkeit und Offenheit konterkarieren. In bezug auf das 
Konzil machte ich einen kurzen Vortrag über die gegenwärtige Lage. Der 
König fand wieder sehr richtig den Kern der Sache, indem er bemerkte, 
daß das Recht der Staaten der Kirche gegenüber auf den Konkordaten 
beruhe und diese durch einseitiges Vorgehen der Kirche verletzt würden. 
Wir kamen dann auf die Todesstrafe. Der König erwähnte, es habe 
ihn vielfach beschäftigt, daß ich ihm in der letzten Unterredung gesagt 
hätte, ich sei ein Gegner der Todesstrafe. Wir besprachen weitläufig die 
bekannten Gründe für und gegen.1) Endlich machte er mich noch auf 
die Aquarelle aufmerksam, die er in seinem Zimmer hatte, und entließ 
mich dann. Schlör wurde dann gerufen, und als er wiederkam, aßen 
wir mit Sauer zu Mittag und fuhren nach Starnberg, wo wir den 
Bahnzug nach München bestiegen und um ½9 Uhr nach Hause kamen. 
Der König war wie immer sehr scharfsinnig in seinen Fragen und 
Antworten. Es ist schade, daß seine Fähigkeiten so brach liegen und er 
  
1) Die Kammer der Abgeordneten hatte am 22. März 1867 in namentlicher 
Abstimmung mit 87 gegen 44 Stimmen einen Antrag angenommen, „daß dem gegen- 
wärtig versammelten Landtage ein Gesetzentwurf über die Abschaffung der Todesstrafe 
vorgelegt werde“.
	        
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