Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

386 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
der deutschen Regierungen untereinander, wie sie auf die von Bayern 
ergangene Anregung stattgefunden, in Rom im Sinne der Vorsicht und 
des Friedens nicht ohne Wirkung geblieben sind. Es gibt dort eine 
Partei, welche mit bewußter Entschlossenheit den kirchlichen und politischen 
Frieden Europas zu stören bestrebt ist, in der fanatischen Ueberzeugung, daß 
die allgemeinen Leiden, welche aus Zerwürfnissen hervorgehen, das Ansehen 
der Kirche steigern werden, anknüpfend an die Erfahrungen von 1848 
und auf die psychologische Wahrheit fußend, daß die leidende Menschheit 
die Anlehnung an die Kirche eifriger sucht, als die irdisch befriedigte. Der 
Papst indessen soll angesichts des Widerstands, der sich in Deutschland 
ankündigt, bedenklicher und dem Einflusse jener Partei weniger zugäng- 
lich geworden sein. 
Wir haben ohne Zweifel in der parlamentarischen Gesetzgebung, in 
Norddeutschland wenigstens, eine durchschlagende Waffe gegen jeden un- 
gerechten Uebergriff der geistlichen Gewalt. Aber besser ist es gewiß, wenn 
wir nicht gezwungen werden, von derselben Gebrauch zu machen, und ich 
halte es daher für eine Wohltat, die den geistlichen wie den weltlichen 
Obrigkeiten erwiesen wird, wenn der Konflikt zwischen beiden sich durch 
die von uns besprochenen Warnungen und Vorsorgen verhüten läßt. 
Auf unser Episkopat hat das Kultministerium sich bemüht in vertrau- 
lichem Wege vorbeugend einzuwirken. 
Mit meiner Gesundheit geht es langsam besser, und wenn ich mich 
auch von den Landtagsverhandlungen nach Möglichkeit fernhalte, so hoffe 
ich doch für den Norddeutschen Bund zu Anfang des Jahres vollkommen 
geschäftsbereit zu sein. 
Genehmigen Sie den Ausdruck der ausgezeichnetsten Hochachtung, mit 
der ich die Ehre habe zu sein 
Eurer Durchlaucht 
gehorsamster Diener 
von Bismarck. 
Journal.!) 
Warschau, 10. August 1869. 
Gestern früh fuhr ich über Pilchowitz nach Gleiwitz, um von da nach 
Warschau zu reisen. In Kattowitz bestiegen wir den polnischen Zug, auf 
dem schon Polnisch sprechende Kondukteure waren. In Sosnowize wurde 
das Gepäck revidiert, da aber der Marschall Berg dorthin Befehle erteilt 
hatte, so wurden wir ohne Revision durchgelassen. Der Zug war sehr 
besetzt, doch ließ man uns allein. Ich las die ganze Zeit den „General 
  
1) Von einer Reise nach den Wittgensteinschen Gütern.
	        
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