Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 389 
Ledochowski und Chigi, die ihn aufhetzten. Er starb auf der Reise, weil 
er zuviel Obst gegessen, sich einen Ruhranfall zugezogen hatte und diesen 
durch starken Wein kurieren wollte. 
Nachdem er mir dies und vieles andre erzählt hatte, fuhr mich 
Graf Berg in seinem offenen Wagen, von Tscherkessen begleitet, nach 
dem Schloß Lazienki, wo uns seine Schwägerin und seine Nichte erwarteten. 
Es war noch der Chef des Generalstabs von Minkwitz da und ein andrer 
General sowie ein junger Graf Berg, der Neffe des Generals. Das Diner 
fand in einem sehr schönen Saal statt, und nach Tisch tranken wir auf 
einem Balkon, von dem man die Aussicht auf den Garten hat, Kaffee. 
Es war leider etwas kühl. Bei warmem Wetter muß der Aufenthalt in dem 
von Teichen und Gartenanlagen umgebenen Schlosse sehr angenehm sein. 
Heute den 11. August fuhren wir mit dem Zug um 10 Uhr nach 
Biala, wo wir um 3 Uhr ankamen. 
Biala, 13. August 1869. 
Der heutige Tag war bestimmt zum Besuch des Guts Olszyn. Es 
ist einige Meilen von hier entfernt. Wir fuhren um 8 Uhr weg. Der 
Weg geht durch Felder, wo Hafer geschnitten wurde, und durch den Wald. 
Alles fremde Güter. Eine halbe Stunde von Olszyn kamen wir in den 
eignen Wald, etwa tausend Morgen, meistens kleine Eichen und Buchen, 
ohne Wert hierzulande. Olszyn ist ein trauriger Ort. Der Boden ist 
aber nicht schlecht. Dort empfing uns der Pächter Herr Gerlicz, der 
früher ein bedeutendes Vermögen und eignen Besitz hatte, das aber alles 
durchgebracht hat und nun Pächter ist. Im Salon hingen einige Oel- 
bilder, die er gemalt hat. Auffallend war eine heilige Magdalena, ein 
sehr dekolletiertes Frauenzimmer mit einem roten Schurz, welches vor 
einem Tisch kniet, auf dem ein von innen beleuchteter Totenkopf liegt, der 
die Formen der Heiligen erleuchtet. Nachdem wir die Gebäude besehen, 
eine Bauerndeputation angehört und den Obstgarten bewundert hatten, 
betrachteten wir die Photographien der Verwandtschaft im Salon und ich 
unterhielt mich mit Madame Gerlicz, einer blonden feinen Polin, für die Oberst 
Devel, der Landrat des Kreises, schwärmt. Er war auch anwesend. Herr 
Gerlicz und Oberst Devel hatten sich Arm in Arm photographieren lassen, 
und das Bild hängt im Kabinett der Madame Gerlicz. Wir mußten 
dann das pflichtmäßige Diner essen und schließlich eine große Produktion 
der Madame Gerlicz auf dem Flügel mitanhören. Gerlicz sagte: „Ma 
femme, elle est artiste.“ Es war von Chopin, und sie spielte mit großer 
Fertigkeit. Als wir um 5 Uhr nach Hause kamen, waren schon die beiden 
jungen Grafen Berg angekommen, die Neffen des Marschalls, die morgen 
mit uns jagen sollen.
	        
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