Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

394 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
Konzils und womöglich schon vorher schicken wolltet, so würde ich ihn bei 
mir logieren und verköstigen, und es wäre mir sehr lieb, einen solchen Mann 
in meiner Nähe zu haben so lange als möglich. 
Von den Jesuiten wird jetzt wieder die große Komödie aufgeführt, 
wonach sie vor dem Publikum in zwei Parteien geteilt sind, aber au 
fond sind sie eins und werden von einem Zentrum regiert. Es existieren 
also vor dem Publikum zwei Parteien unter den Jesuiten. Die einen 
schreien und jubilieren für die Unfehlbarkeit des Papstes (wie z. B. die 
„Civiltàä“), um Pius IX. für sich zu haben, provozieren alle guten 
Katholiken, die nicht jesuitisch sind, gegen die Unfehlbarkeit zu sprechen, 
entfernen sie dadurch vom Papst, so daß der Papst die Herren der 
„Civilta“ für seine Leibhusaren auserlesen muß. Die andre Partei, wor- 
unter, wie es scheint, auch der Pater Bekr, der General, (früher glaubte 
ich, Döllinger gehöre au fond auch dazu) schütteln bedächtig den Kopf wie 
alte erfahrene Leute, die Pius IX. als einen leichtfertigen Jungen ansehen, 
aber nur im tiefen Vertrauen. Diese halten sich die Türe offen, sei es für ein 
nächstes Pontifikat, sei es namentlich für den Episkopat, zum Beispiel den 
französischen, und sobald sich der Wind hier einmal gedreht haben würde, 
werden die Jesuiten die ersten sein, die die „Civilta“ (dies Spielzeug, er- 
funden für Pius IX.) perhorreszieren, sich über Pius IX. lustig machen 
und die „Civiltà“-Väter womöglich nach Australien schicken, woher man sie 
dann später einmal als reumütige Sünder wieder zurückkommen lassen 
kann. Ein Beispiel haben wir im vorigen Jahrhundert, wo in Rom die 
Jesuiten die Gallicam propositionem verabscheuten, während gleichzeitig 
in Frankreich der Jesuitengeneral mit seinen bons peres die Gallicam propo- 
sitionem unterschrieb und verteidigte, und dies, weil sie dadurch hofften, 
die Bourbonen und das Parlament u. s. w. von der Idee der Aufhebung 
des Ordens abzubringen. 
Ich glaube, daß die Frage der Unfehlbarkeit des Papstes von der 
der Jesuiten vollständig zu trennen ist. Wie die Unfehlbarkeit auch entschieden 
wird, den Jesuiten ist dies im Grunde einerlei. Sie werden nach wie vor 
ihre falsche Moral, ihre Intrigen und ihr gottloses Treiben mit Gemüt- 
lichkeit fortsetzen. Sie haben die Frage der Unfehlbarkeit jetzt nur als eine 
Standarte aufgebracht und diese Standarte der „Civiltà“ in die Hand gegeben, 
damit sie dem Papst damit Wind vormacht. Der Papst, entzückt davon, 
ohne zu ahnen, was die alte Jesuitenpartei sagt und tut, wirft sich der 
„Civiltà“ gerührt in die Arme, umfaßt gar in seiner Verblendung den ganzen 
Orden als die Retter seiner Ehre in der (ganz unnötig aufgebrachten) 
Unfehlbarkeitsfrage, flieht alle andern, macht den Jesuiten alle möglichen 
Konzessionen, und les bons peres lachen sich ins Fäustchen. Wie erklärt 
sich's, daß Dupanloup überall herumfährt und gegen die Unfehlbarkeit des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.