Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 395
Papstes agitiert? Er ist doch auch Jesuit (wenn er gleich jetzt so tut,
als habe er sich von ihnen getrennt) — nur um une masse de monde
zu kompromittieren und womöglich im entscheidenden Augenblick in einen
Chausseegraben zu werfen. Die Unfehlbarkeitsentscheidung, günstig oder
ungünstig, bringt uns in der Jesuitenfrage nicht vor noch zurück. Wohl
aber hat die Unfehlbarkeitsfrage Pius IX. den Jesuiten so in die Arme
gebracht, daß von allen den Plänen und Ideen Pius'’ IX. gegen die Jesuiten
keine Spur mehr übrig ist. Die Patres wissen, daß sie Pius IX. nur
dadurch festhalten können, daß er in die Enge getrieben wird und sich zu
ihnen flüchten muß. Pius IX. muß vollständig isoliert bleiben, deshalb
hetzen sie ihn auch gegen alle Regierungen, damit er, mit allen Regierungen
verfeindet, nie mehr auf einen grünen Zweig komme.
.. Wenn das Konzil zustande kommt, so mag wohl manches anders
kommen, als wir fürchten. Aber eben darum, daß es anders komme, muß
man sich rühren. Du bist einer der wenigen, die das einsehen.
Wie gesagt, ist es mir etwas bange, wenn ich sehe, daß Dupanloup
sich nun auf einmal als Konvertit geriert, überall herumfährt — auch zum
Kölner Erzbischof vor der Fuldaer Konferenz —, und man auch in Paris,
sogar in den Kreisen des Erzbischofs von Paris, sich einredet, Dupanloup
habe sich ganz geändert. Mit Casa Borghese, sagt er, habe er sich ganz
verfeindet und hat sich der Fürstin Rospigliosi (natürlich nur geistig) in
die Arme geworfen. Ob er aber nicht gerade im entscheidenden Augen-
blick seine neue Partei in den Graben wirft? Hoffen wir das Beste! Ein
sehr nützlicher, verläßlicher Mann ist Hefele, der neuernannte Bischof
von Rottenburg. Man scheint hier seine Prakonisation noch hinausschieben
zu wollen
Bericht an den König.
München, 23. September 1869.
Eurer Königlichen Majestät beehrt sich der treugehorsamst Unterzeichnete
ehrfurchtsvollst anzuzeigen, daß er heute den Besuch des österreichischen
Ministers Grafen Beust erhalten hat, welcher auf seiner Rückkehr von
Baden und der Schweiz nach Wien sich einen Tag in München aufhält.
Der treugehorsamst Unterzeichnete glaubt, daß der Inhalt des Gesprächs
mit dem Grafen Beust für Eure Königliche Majestät nicht ohne Interesse sein
dürfte und erlaubt sich darüber im nachstehenden alleruntertänigst zu berichten.
Der Besuch, den der österreichische Minister bei Ihrer Moajestät der
Königin von Preußen in Baden gemacht hat, war bloß ein Akt der Cour-
toisie. Ueber Politik hat Graf Beust mit der Königin nicht gesprochen.
Dies erscheint auch um so wahrscheinlicher, als die Tatsache des Besuchs
und der Einladung zum Diner bei der Königin vollständig dem Zweck