Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 403 
Hegnenberg zu ersetzen, einen Mann, dessen Integrität des Charakters, 
dessen politische Vergangenheit und Talent von immensem Wert wären 
und dessen Ernennung wesentlich zur Beruhigung des Landes beitragen 
würde. Ich getraue mir, Hegnenberg zur Annahme zu bewegen, weshalb 
es zweckmäßig wäre, mich zu beauftragen, mit ihm zu verhandeln, wenn 
der König nicht vorzieht, ihn sofort zu ernennen. In diesem Falle 
müßte ich rechtzeitig in Kenntnis gesetzt werden, um ihn zu verhindern, 
die Ernennung abzuweisen. Auf dieser Ernennung beruht die ganze 
Aussicht des Erfolgs der vorgeschlagenen Kombination. 
München, 23. November 1869. 
Heute ¾11 Uhr in die Kapelle des Pfarrers der Ludwigskirche, wo 
die Trauung Tauffkirchens mit Ernestine Pfeffel zelebriert wurde. In 
dem Salon des Pfarrers versammelte man sich. Es war die „Elite“ der 
Gesellschaft anwesend. Die Braut im eleganten weißen Atlaskostüm mit 
Orangenblüten, Tauffkirchen im Frack mit dem schwarzen Kordon des 
schwedischen Nordsternordens. Ich war Tauffkirchens Trauzeuge und hatte 
einen eignen Betschemel mit rotem Samt in der Kapelle. Als alles ver- 
sammelt war, ging man in die Kapelle. Der Pfarrer Weber von der 
Frauenkirche hielt die Rede, in welcher viele Gemeinplätze enthalten waren, 
der man es aber anmerkte, daß er lebhaften Anteil nahm, da er der lang- 
jährige Beichtvater von Ernestine Pfeffel ist. Hinter mir kniete die alte 
Pocci, die ihrem Schnupfen oder ihrer Rührung durch häufiges lärmendes 
Niesen Luft machte. Nach der Trauung ging man wieder in den Salon 
des Pfarrers, wo umarmt wurde. Von da fuhr man zu Pfeffel, wo 
Champagner getrunken und wieder umarmt wurde. Nachmittags fuhren 
die Neuvermählten nach Italien. 
Hier ist alles in Aufregung wegen der Wahlen. Die Ultramontanen 
haben ohne Zweifel gesiegt. Das Ministerium wird seine Entlassung 
einreichen, wenn die Wahlen bekannt sein werden. Alle kleinen Ambitionen 
werden rege, die Raben rüsten sich zum Fluge, da sie ein Aas wittern. 
Das Ministerium sagt: „Es will Abend werden, und der Tag neigt 
sich zu Ende.“ Ich sehne mich danach, den Feinden offen und 
rückhaltlos entgegentreten zu können. Ich kann nicht daran denken, zu 
bleiben, wenn ich die Majorität der Kammer gegen mich habe, und ich 
gestehe, daß ich gerne abgehe. Drei Jahre Ministerium ist vorläufig 
genug. 
Morgen wird sich die Sache entscheiden. Wenn die Majorität der 
ultramontanen Partei ganz entschieden gegen mich ist, reiche ich wahr- 
scheinlich mit dem ganzen Ministerium meine Entlassung ein. Wir werden 
dann sehen, was der König tut.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.