32 Aus der Jugend (1819 bis 1847)
ich mich neben meinen Geschäften mit Lesung landwirtschaftlicher Bücher,
um dann recht salbungsvoll über Verbesserung der Bodenkultur reden zu
können. Das Amt läßt nun freilich eine Fortsetzung der preußischen
Karriere nicht zu, allein es bringt mich in so genaue Verbindung mit dem
Kronprinzen und macht mich zu einer Art Vermittler zwischen dem Kron-
prinzen und dem König, daß ich zwar in eine sehr schwierige, aber ebenso
lehrreiche als vielleicht für spätere hohe Staatsdienstpläne fruchtbringende
Stellung gesetzt werde. Da man mir diese Stelle, ohne daß ich etwas
verlangte, angeboten hat, der ich erst seit Wochen in München bekannt
bin, so war es zu ehrenvoll, als daß ich ausschlagen konnte.
Am 26. Juni 1846 erfolgte die Entlassung aus dem preußischen
Staatsdienste durch die Regierung zu Potsdam mit dem Wunsche, „daß
der Rückblick auf die Zeit Ihres hiesigen Referendariats, während welcher
Sie sich mit lebendiger Teilnahme dem Geschäftsleben widmeten, für Eure
Durchlaucht nur angenehme Erinnerungen mit sich führen möge.
An die Prinzessin Amalie.
- Schillingsfürst, 1. Juli 1846.
Wenn man in einem einsamen Schlosse, um das die Winde heulen,
ohne menschliche Gesellschaft, nur mit Büchern und Jagd beschäftigt, seinen
Lebensmut erhält, so muß wohl die Luft daran schuld sein. Und diese
Luft ist es auch, die mich an der neuen Tätigkeit, die mir bevorsteht,
Vergnügen finden läßt. Allerdings ist diese Landwirtschaft wirklich pure
Mißwirtschaft, und darum studiere ich auch mit Eifer darauf bezügliche
Bücher. Da tut sich mir denn ein neues Feld des Wissens auf, eine
neue Welt der Erkenntnis, ich sehe die Menschen und das Vieh mit andern
Augen an, erhalte Achtung vor Personen und Bestrebungen, die ich früher
verachtete, und finde mehr und mehr den alten Satz bestätigt, daß alle
Philosophie, alle Abstraktion nur dann einen Wert hat, wenn sie auf die
konkrete Basis einer möglichst großen und weiten positiven Kenntnis ge—
gründet ist. Aus diesem Gesichtspunkt betrachtet und aus der Rücksicht,
daß der Mensch, der von Natur faul ist, einen äußeren Antrieb zur Be-
schäftigung haben muß, wenn er nicht untergehen will, und daß der
Mann nur ein ganzer Mann ist, der etwas Tüchtiges tut (im Gegensatz
zur Frau, die etwas sein muß), aus dieser Rücksicht und vielen andern
ist mir die in Aussicht gestellte Tätigkeit sehr erwünscht und erfreulich.
Sollte, was noch immer nicht bestimmt ist, die Sache für mich günstig
ausgehen, so sehe ich darin einen glücklichen Wink des Schicksals.) Wie
gern säße ich jetzt einen Abend bei Euch in Mamas Zimmer! Ihr würdet
1) Der Fürst erhielt das in Aussicht gestellte Amt nicht.