Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

408 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
welche ein Staat in der Lage Bayerns nicht bestehen kann. Die Er- 
neuerung des Zollvereins hat die wirtschaftlichen Interessen Bayerns sicher- 
gestellt und das Ergebnis der Verhandlungen über das frühere deutsche 
Bundeseigentum hat die nötige Gemeinsamkeit mit den deutschen Staaten 
in militärischen Angelegenheiten befestigt, ohne Bayern Opfer aufzulegen, 
die mit der Selbständigkeit des Königreichs nicht vereinbar gewesen wären. 
Die Durchführung der sozialen Gesetze bildet die freisinnige Grundlage 
für den Ausbau der inneren Zustände des Landes, wie auch in der neuen 
Heeresorganisation der Keim jener achtunggebietenden äußeren Macht ge- 
legt ist, welche ich damals als die Lebensbedingung des bayrischen Staats 
bezeichnet hatte. Diese Grundsätze und ihre Konsequenzen sind aber schon 
vom ersten Tage meiner amtlichen Tätigkeit an von einer zu jener Zeit 
nur wenige Stimmen in der Kammer der Abgeordneten zählenden Partei 
bekämpft worden. Diese Partei hat seitdem nicht aufgehört, die Tätigkeit 
der Räte der Krone als eine verderbliche für Eure Königliche Majestät 
und das Land zu bezeichnen. Es ist ihr gelungen, das von ihr zur Schau 
getragene Mißtrauen in weitere Kreise zu verbreiten. 
Eure Königliche Majestät haben mich während dieser Zeit trotz alle- 
dem mit einem Grade des Allerhöchsten Vertrauens beehrt, der mich zu 
um so tieferer Dankbarkeit verpflichtet, als mir bewußt ist, welche An- 
strengungen seitens meiner Gegner bei Eurer Königlichen Majestät selbst 
gemacht wurden, um dieses Allerhöchste Vertrauen zu untergraben. 
Gestützt auf diese gnädigen Gesinnungen, konnte ich bisher die Angriffe 
der Gegner unbeachtet lassen. Nach dem Ausfall der jüngsten Wahlen 
aber war es meine Pflicht, in Erwägung zu ziehen, ob ich auch noch 
ferner imstande sei, Eurer Königlichen Majestät meine Dienste mit Erfolg 
zu weihen. Ich mußte mir die Frage verneinen. Die alleruntertänigste 
Vorstellung des Gesamtministeriums vom gestrigen Datum hat Eurer 
Königlichen Majestät die Gründe darzulegen versucht, aus welchen die 
Fortführung der Geschäfte durch das gegenwärtige Ministerium nicht 
ratsam erscheint. 
Indem ich mich den Schlußfolgerungen der in jenem Schriftstücke 
enthaltenen Ausführungen anschließe, kann ich nur noch hervorheben, daß 
ich gegenüber einer Kammer, welche die Gegner des Ministeriums in fest- 
geschlossener Majorität vereinigt, und gegenüber der Opposition der 
Kammer der Reichsräte, der ich in erhöhtem Maße ausgesetzt wäre, weil 
mir dieselbe den Mangel des Vertrauens im Lande zu jeder Zeit entgegen- 
halten würde, es nicht mit meiner Pflicht vereinbaren zu können glaube, 
ein Amt ferner zu führen, zu dessen erfolgreicher Erfüllung eine energischere 
Tätigkeit gehört, als die ist, welche mir unter den obwaltenden Verhält- 
nissen ermöglicht würde.
	        
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