Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 409 
Indem ich daher Eure Königliche Majestät ehrfurchtsvollst zu bitten 
wage, die mir übertragenen Geschäfte andern Händen anvertrauen zu 
wollen, welche zurzeit mehr geeignet sind, die Interessen Eurer Königlichen 
Majestät zu wahren, lege ich an den Stufen des Thrones den Ausdruck 
des unauslöschlichen Dankgefühls nieder, zu welchem mich die Beweise des 
Vertrauens und der Gnade Eurer Königlichen Majestät, deren ich in den 
letzten drei Jahren in so reichem Maße teilhaftig geworden bin, für alle 
Zeiten verpflichten werden. 
An den König. 
München, 1. Dezember 1869. 
Eure Königliche Majestät haben mir durch Allerhöchstihren Kabinetts- 
sekretär aussprechen lassen, daß mir Allerhöchstihr Vertrauen auch jetzt 
noch zur Seite stehe, und daß ich deshalb ungeachtet des Ausfalls der 
Wahlen die Geschäfte fortführen möge. Gegenüber diesem Allerhuldvollsten 
Beweise des Königlichen Vertrauens kann es mir nicht länger geziemen, 
meine Ueberzeugung zur Geltung zu bringen, daß ich Eurer Königlichen 
Majestät und dem Lande möglicherweise später bessere Dienste leisten 
könnte, wenn ich mich jetzt von der politischen Tätigkeit zurückziehen würde. 
Es ist vielmehr meine Pflicht, dem Allerhöchsten Wunsche zu gehorchen, 
und habe ich demnach nunmehr zu erwägen, in welcher Weise ich Eurer 
Königlichen Majestät, indem ich auf meinem Posten ausharre, am meisten 
nützlich sein könne. 
Ich kann nun in dieser Hinsicht wohl als den Willen Eurer 
Königlichen Majestät ansehen, daß ich nicht die Aufgabe haben soll, 
den Parteikampf, welcher unglücklicherweise im Lande allzusehr überhand- 
genommen hat, noch mehr zu steigern und mit einseitigen Maßregeln den 
Versuch zu machen, die sogenannte patriotische Partei zu Boden zu werfen. 
Vielmehr glaube ich, daß Eure Majestät den Versuch gemacht wünschen, 
ob nicht die gemäßigten und loyalen Elemente dieser Partei mit denen 
der andern zu gemeinsamem Wirken für das Beste des Landes vereinigt 
und die bestehende Kluft im Volke geschlossen werden könne. Versöhnung 
wird also, wie ich glaube, die Hauptaufgabe sein, die ich mir zu stellen 
habe und wohin sich die Politik Eurer Königlichen Majestät Regierung 
zu richten haben wird. 
In der äußeren Politik wird dies eine Veränderung nicht nötig 
machen. Wie Eurer Majestät bekannt ist, ist mein Bestreben in dieser 
Richtung nie ein andres gewesen als die Politik der Versöhnung zwischen 
den streitenden deutschen Großmächten, ebenso wie die Versöhnung zwischen 
den unabweisbaren Forderungen des nationalen Gedankens und dem 
Rechte der Gleichberechtigung aller deutschen Stämme, dem unbestreitbaren
	        
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