414 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
Auf eine vorherige Besprechung mit Ultramontanen will der König
nicht eingehen, und zwar aus dem nicht zu widerlegenden Grunde, daß
man gar keiner festgeschlossenen Partei gegenüberstehe, also nicht mit
Parteichefs verhandeln, sondern nur mit Privatpersonen reden könne.
Letzteres sei schon genügend durch Eisenhart geschehen, und der König wolle
von ihren Vorschlägen nichts wissen. Der König versicherte mich wiederholt
seines besonderen Vertrauens. Er kannte alle Geschichten, Intrigen,
Schwätzereien u. s. w. auf das genaueste.
An den Kabinettssekretär Eisenhart.
München, 5. Dezember 1869.
.. JIch habe heute Morgen sofort mit Lutz und Schlör gesprochen,
mit ersterem die Lage besprochen und ihm die Entschließungen Seiner
Mocjestät mitgeteilt, mit letzterem die kleinen Häkeleien, die zwischen uns
bestanden, weggeräumt, so daß ich glaube, jetzt mit Schlör gut fortkommen
zu können. Dann ging ich zu Hörmann, setzte ihn von dem Willen Seiner
Majestät in Kenntnis und benachrichtigte Gresser. Um 1 Uhr war Minister-
rat. Hier berichteten Pranckh und ich über unfre Reise, und ich eröffnete
nun im Plenum des Ministerrats den Ministern, daß Seine Mazjestät die
Entlassung der Herren von Hörmann und Gresser annehme, dagegen die
der übrigen Minister nicht genehmige. Was die Form anbetrifft, so wurde
es von den beiden Beteiligten sowohl als von den übrigen Ministern als
der geeignete Weg angesehen, wenn Euer Hochwohlgeboren Seiner Mocjestät
vorschlügen, daß durch Allerhöchstes Signat die Entlassung der Minister,
welche Seine Majestät im Amte behalten wollen, nicht genehmigt, dagegen
die der Herren von Hörmann und Gresser angenommen würde. Dies
könnte auf den Antrag des Gesamtministeriums geschehen. Doch dürfte
noch an jeden der beiden abgehenden Minister ein Handbillett angezeigt
sein. Auch würde ich vorschlagen, daß mit den beiden Herren über ihre
Weiterverwendung Rücksprache genommen würde. Die Verwesung der
beiden Ministerien könnte durch Staatsräte geschehen.
Was die Wiederbesetzung der beiden Stellen betrifft, so ist unter den
einsichtigen Menschen, die ich gefragt habe, kein Zweifel, daß der geeignetste
Herr von Feder ist. Ich weiß durchaus niemand anders. Die Konzession,
die der ultramontanen Partei durch die Entlassung Hörmanns und Gressers
gemacht wird, ist so groß, daß es nicht der weiteren Konzession bedarf,
einen ultramontan gefärbten Minister zu nehmen. Feder ist liberal, hat
aber nie den Ultramontanen Anlaß zu Unzufriedenheit gegeben. Lieber
wäre mir Graf Hegnenberg, der nimmt aber ohne Zweifel nicht an.
Jedenfalls wäre es gut, wenn ich telegraphisch die Antwort erhielte.
Dann könnte ich gleich mit Feder reden, und die Sache käme zu Ende.