Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 415
Wenn es noch einige Tage dauert, so wird die Aufregung in den Kreisen
der Ministerkandidaten immer größer. Jeder, der seinen Namen schreiben
kann, bildet sich in solcher Zeit ein, daß er zum Minister berufen sei und
wird zum Unzufriedenen, wenn man ihn nicht wählt.
An den König.
München, 5. Dezember 1869.
Eure Königliche Majestät haben die Gnade gehabt, mich zu beauftragen,
über die Wiederbesetzung der Ministerien des Kultus und des Innern
Allerhöchstderselben Vorschläge zu machen. Ich habe nun, soweit es bei
der Kürze der Zeit möglich war, die umfassendsten Erkundigungen ein-
gezogen, mit erfahrenen Mitgliedern des Beamtenstands und insbesondere
auch, dem speziellen Auftrage Eurer Königlichen Majestät entsprechend, mit
dem derzeitigen Minister des Innern Rücksprache gepflogen, und von allen
ist als die zurzeit geeignetste Persönlichkeit für das Ministerium des Innern
der Präsident der Kreisregierung in Ansbach Herr von Feder bezeichnet
worden. Es wird an ihm gerühmt, daß er ein allseitig gebildeter, sehr
erfahrener, durchaus loyaler Beamter ist, daß er Redegabe besitzt und daß
er durch die Versöhnlichkeit des Charakters die Garantie bieten werde, in
der jetzigen schwierigen Lage nach keiner Seite hin zu verletzen.
Alle andern höheren Staatsbeamten, welche ihrer Stellung nach zu
einem Ministerposten berufen werden könnten und welche ich mit meinen
Kollegen durchgesprochen habe, sind in einer oder der andern Weise ent-
weder Eurer Königlichen Majestät nicht genehm oder unbrauchbar oder
zurzeit nicht möglich. Unter diesen Umständen und da Eure Königliche
Majestät den Zustand der Ungewißheit baldmöglichst beendigt zu sehen
wünschen, bleibt mir nichts, als Eure Königliche Majestät alleruntertänigst
zu bitten, mir allergnädigst zu gestatten, im Allerhöchsten Auftrage mit
dem Präsidenten von Feder unterhandeln zu dürfen. Bezüglich des
Ministeriums des Innern für Kultus= und Schulangelegenheiten haben
mich Eure Königliche Majestät bereits beauftragt, mit Staatsrat von
Schubert zu sprechen, ein Auftrag, den ich morgen ausführen werde.
Aufzeichnung.
München, 7. Dezember 1869.
Sonntag Ministerrat. Hörmann und Gresser den Entschluß des
Königs mitgeteilt, daß er sie entlassen will. Abends mit Schlör und Lutz
beraten. Es wurde beschlossen, Präsident Feder dem Könige vorzuschlagen.
Ich berichte sofort an den König. Montag früh zu Hegnenberg. Er ist
nicht abgeneigt, das Ministerium des Innern zu übernehmen. Bittet um
24 Stunden Bedenkzeit. Dienstag den 7. schickt er mir den Brief seines