Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 417 
In der Thronrede, mit welcher der Landtag am 17. Januar 1870 
eröffnet wurde, sagte König Ludwig in Rückblick auf die Parteikämpfe 
der Wahlperiode: 
„Der Widerstreit entgegenstehender Meinungen hat in der letzten Zeit 
einen Grad ungewöhnlicher Heftigkeit erreicht. Infolgedessen haben sich 
vielfach irrtümliche und beunruhigende Vorstellungen verbreitet. Im Ver- 
trauen auf Ihrer aller Vaterlandsliebe und Einsicht gebe ich mich der 
Hoffnung hin, daß das Vorbild maßvoller Haltung, welches Sie dem 
Lande geben werden, wesentlich zu seiner Beruhigung beitragen wird. 
Ich weiß, daß manche Gemüter die Sorge erfüllt, es sei die wohl- 
berechtigte Selbständigkeit Bayerns bedroht. Diese Befürchtung ist un- 
begründet. Alle Verträge, welche ich mit Preußen und dem Norddeutschen 
Bunde geschlossen habe, sind dem Lande bekannt. Treu dem Allianzvertrage, 
für welchen ich mein königliches Wort verpfändet habe, werde ich mit 
meinem mächtigen Bundesgenossen für die Ehre Bayerns einstehen, wenn 
es unfre Pflicht gebietet. 
So sehr ich die Wiederherstellung einer nationalen Verbindung der 
deutschen Staaten wünsche und hoffe, so werde ich doch nur in eine 
solche Gestaltung Deutschlands willigen, welche die Selbständigkeit Bayerns 
nicht gefährdet. 
Indem ich der Krone und dem Lande die freie Selbstbestimmung 
wahre, erfülle ich eine Pflicht nicht allein gegen Bayern, sondern auch gegen 
Deutschland. Nur wenn die deutschen Stämme sich nicht selbst aufgeben, 
sichern sie die Möglichkeit einer gedeihlichen Entwicklung Gesamtdeutsch- 
lands auf dem Boden des Rechts.“ 
Die Kammer der Reichsräte hatte am 18. Januar 1870 einen Aus- 
schuß für den Entwurf einer Adresse an den König zur Beantwortung 
der Thronrede gewählt. Diesem Ausschusse gehörten an außer dem Direk- 
torium — dem durch den König ernannten ersten Präsidenten, Freiherrn 
von Stauffenberg, dem von der Kammer gewählten zweiten Präsidenten, 
Freiherrn von Thüngen, und den ebenfalls von der Kammer gewählten 
beiden Sekretären, Reichsrat von Niethammer und Grafen von Lerchen- 
feld — drei für diesen Zweck besonders gewählte Mitglieder, nämlich der 
Präsident des protestantischen Oberkonsistoriums von Harleß, Freiherr 
von Aretin und Reichsrat von Bomhard. In dem von dieser Kommis- 
sion vorgelegten Entwurfe lauteten die Absätze 4 und 5 wie folgt: 
„Entsprechend der tiefgefühlten Treue gegen Eure Majestät und der 
festen Anhänglichkeit an das Land und dessen selbständige Entwicklung, 
hat sich in der Majorität des Volkes ein durch die Porteistellung des 
Fürst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. 1
	        
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