Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

420 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
schon an Warnungen nicht fehlen lassen, die aber nicht beachtet wurden. 
So wurde Bayern unvorbereitet von den Ereignissen des Jahrs 1866 
überrascht, und es mußte nun die Folgen früherer politischer Fehler 
büßen. 
Die Lage Bayerns am Schlusse des Jahrs 1866 war eine trostlose. 
Die Verbindung, welche bis dahin die deutschen Staaten geeinigt hatte, 
war zerrissen, der deutsche Bund aufgelöst, Oesterreich aus jeder näheren 
Verbindung mit Deutschland ausgeschieden, der Zollverein war gekündigt und 
Bayern demnach nicht allein in seiner politischen Stellung bedroht, sondern 
auch der Gefahr ausgesetzt, seine wirtschaftlichen Interessen geschädigt zu 
sehen. Die norddeutschen Staaten waren teils Preußen einverleibt, teils 
im Begriffe, dem engeren Bunde beizutreten. Den süddeutschen Staaten 
bot der Prager Friedensvertrag den Trost, sich zu einem Vereine zu- 
sammenschließen zu können, dessen nationale Verbindung mit dem Norden 
der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten blieb. 
Schon im August des Jahrs 1866 habe ich in diesem hohen Hause 
darauf hingewiesen, welche Gefahren aus einer solchen Gestaltung der 
Dinge entstehen würden. Ich habe durchaus nichts zurückzunehmen von 
dem, was ich damals hier gesagt habe.1!) Ich riet, die Zeit zu benutzen, 
solange noch alles im Fluß sei, die Vereinigung der süddeutschen Staaten 
mit Norddeutschland anzubahnen, ehe der Norddeutsche Bund ab- 
geschlossen sei. 
Ich sagte: Wenn das Gebäude des Norddeutschen Bundes fertig sei, 
so würden wir entweder ausgeschlossen bleiben oder wir müßten Be- 
dingungen annehmen, welche die Rechte der Dynastie und des Landes 
schädigen könnten. Die hohe Kammer und die Staatsregierung waren 
damals andrer Ansicht als ich, und als ich Ende des Jahrs 1866 in das 
Ministerium trat, waren die Prinzipien des Norddeutschen Bundes fest- 
gestellt und die Annexionen in Preußen vollzogen. 
Einem so gearteten Bunde beizutreten, konnte ich nicht raten. 
Meine Erklärungen, welche ich im Januar 1867 gegeben habe, lassen 
über die Absichten der Staatsregierung bezüglich des Nichteintritts in den 
Norddeutschen Bund keinen Zweifel. Allein es wäre ein Fehler gewesen, 
wenn man im bloßen Abwarten das Ziel der bayrischen Politik sich hätte 
vorsetzen wollen, und ich habe nicht gewartet, bis man mir Vorschläge 
entgegentrüge. . 
Ich begann zunächst mit den süddeutschen Staaten die bekannten 
Verhandlungen, welche den Zweck hatten, die militärischen Kräfte der 
süddeutschen Staaten auf gleichmäßiger Grundlage so zu organisieren, daß 
  
1) Siehe Seite 171.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.