Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 421 
sie zu gemeinsamer achtunggebietender Macht befähigt werden. Dies führte 
zur Stuttgarter Vereinbarung vom Februar 1867. 
Wenn es aber, meine hohen Herren, unbestreitbar ist, daß die 
deutschen Mittelstaaten ihre Existenz nicht sowohl ihrer Macht als viel- 
mehr ihren geschichtlichen und vertragsmäßigen Rechten verdanken, so 
mußte es sich mir als unabweisbare Pflicht aufdrängen, sobald als 
möglich für die Stellung der Mittelstaaten wieder den Boden vertrags- 
mäßiger Rechte zu finden. Dies war die Veranlassung zu den Ver- 
handlungen mit Württemberg und Baden über ein Verfassungsprojekt, 
welches die Gründung eines weiteren Bundes für die süddeutschen 
Staaten mit dem Norddeutschen Bunde zum Zweck hatte. Ich habe im 
Herbst des Jahres 1867 eingehend darüber Auskunft erteilt, aber ehe 
noch diese Vereinbarung zum Abschluß kam, wurde der Zollverein auf 
seiner neuen Grundlage abgeschlossen. Schon damals konnte ich mir nicht 
verhehlen, daß die Entwicklung, die Neugestaltung des Zollvereins ab- 
gewartet werden müsse, ehe man ermessen könne, ob das Verfassungs- 
projekt, welches jenen Verhandlungen zugrunde lag, seine Lebensfähigkeit 
werde bewähren können. Die Erfahrungen, welche wir innerhalb des 
neugestalteten Zollvereins gemacht haben, zeigen, daß jenes Verfassungs- 
projekt in seiner damaligen Form Aussicht auf Verwirklichung nicht hat. 
Wenn mir der Vorwurf gemacht wird, daß ich niemals versucht habe, 
das erfolgreichste Mittel für die Aufrechterhaltung der Selbständigkeit der 
süddeutschen Staaten anzuwenden, nämlich die Gründung des süddeutschen 
Bundes, so wird mir die Verantwortung darüber nicht schwer. 
Zu einem süddeutschen Bunde gehören süddeutsche Staaten, die ihn 
abschließen. 
Daß Baden einem süddeutschen Bunde ungünstig gestimmt ist, wird 
Ihnen bekannt sein. Aber auch in Württemberg ist keine Aussicht auf 
Gründung eines süddeutschen Bundes, wenngleich in Württemberg eine 
ansehnliche Partei besteht, welche den süddeutschen Bund auf ihr Pro- 
gramm geschrieben hat. Die württembergische Regierung hat sich in 
den Kammern schon vor längerer Zeit und wiederholt auf das entschie- 
denste gegen diese Ansicht ausgesprochen und Sie, meine hohen Herren, 
werden mir am wenigsten zumuten, mit Umgehung der württembergischen 
Regierung jener Südbundpartei die Hand zu reichen.!) 
Wenn aber auch ein Südbund mit einem süddeutschen Parlament 
und einer süddeutschen Exekutive eine Unmöglichkeit ist, so halte ich es doch 
noch heute für das eigentliche Ziel, welches ein bayrischer Minister an- 
streben muß, eine möglichst nahe Verbindung der süddeutschen Staaten 
  
1) Siehe Seite 344.
	        
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