422 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
und ein gemeinsames Handeln derselben in allen politischen Fragen an-
zubahnen, und in dieser Beziehung glaube ich behaupten zu können, daß
ich mehr geleistet habe, als jemals ein bayrischer Minister geleistet hat.
Die Gründung der süddeutschen Festungskommission und der Abschluß
der Liquidationsverhandlungen bieten dafür den deutlichsten Beweis.
Es ist damit eine süddeutsche Einrichtung geschaffen, die einzige, die
seit fünfzig Jahren ins Leben getreten ist.
Ob diese Einrichtung Ihren Beifall sindet, kann ich nicht ermessen.
Was mich betrifft, so glaube ich damit nicht nur im bayrischen, sondern
im deutschen Interesse gehandelt zu haben, da die Erfüllung der Allianz-
verträge durch diese Einrichtung erleichtert wird.
Am Schluß der Generaldiskussion sagte der Fürst:
Meine hohen Herren! Ich will Ihnen offen sagen, was ich als den
Grund Ihres Mißtrauensvotums ansehe. Ihre Wortführer haben sich
einer Partei angeschlossen, welche zwar von den Allianzverträgen spricht,
im Grunde ihres Herzens aber mir die Vertragstreue dem Norddeutschen
Bunde gegenüber zum Vorwurf macht. Nur so kann ich das Mißtrauens-
votum, welches Sie zu formulieren im Begriffe sind, mir erklären, und
wenn ich es mir so erkläre, so muß ich es als ein ehrenvolles Zeugnis
meiner politischen Tätigkeit hinnehmen.
Das Mißtrauensvotum und die ganze Adresse wurde mit unwesent-
lichen Aenderungen des Wortlauts von der Kammer angenommen. Mit
„Nein“ stimmten zwölf Reichsräte, unter ihnen der Herzog Karl Theodor
in Bayern. Die übrigen königlichen Prinzen, nämlich Prinz Otto, Prinz
Luitpold, Prinz Ludwig, Prinz Leopold, Prinz Adalbert und Herzog
Ludwig in Bayern stimmten der Adresse zu.
Der Empfang der Adresse und der zu ihrer Ueberreichung gewählten
Deputation wurde durch königliches Schreiben vom 1. Februar 1870 ab-
gelehnt. Das Schreiben lautet:
„Die Adresse der Kammer der Reichsräte hat durch prinzipielle An-
griffe auf den Gesamtbestand des gegenwärtigen Ministeriums ohne jede
tatsächliche oder gesetzlich greisbare Begründung dem Geist der Versöhnung
nicht entsprochen, welchen ich in meiner Thronrede der Landesvertretung
entgegengebracht habe, und hierdurch die Möglichkeit ihrer Annahme für
mich ausgeschlossen. Uebrigens werde ich deshalb nicht vermeiden, dem
Lande die durch das Uebermaß der Parteibewegung gestörte Ruhe wieder-
zugeben. Von dieser Entschließung ist der erste Präsident der Kammer
der Reichsräte sofort zu verständigen.“