Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 423 
In der Kammer der Abgeordneten begann die Adreßdebatte am 
29. Januar 1870. Das Mißtrauensvotum gegen den Fürsten Hohenlohe 
war in den Absätzen 3 und 4 des Adreßentwurfs so formuliert: 
„Eurer Majestät Königliches Wort: „Alle Verträge, welche ich mit 
Preußen und dem Norddeutschen Bunde abgeschlossen habe, sind dem Lande 
bekannt, legt den Grund zur Beruhigung der durch ein schweres Schicksal 
beunruhigten Gemüter. Nie wird eine Lockung zum Vertragsbruch bei 
unserm Volke Eingang finden. 
Aber wir leben in einer Zeit, die zu entscheidenden Krisen führt und 
wo von europäischen Rechtszuständen kaum mehr die Rede sein kann. Die 
Verträge mit Preußen sind erfahrungsmäßig der Deutung fähig und die 
möglichen Deutungen verbreiten Beängstigung im Volke. Daraus ent- 
springt unwillkürlich das Verlangen nach einem Leiter unsrer auswärtigen 
Angelegenheiten, dem das Vertrauen des Landes entgegengetragen werde.“ 
Gleich nach Beginn der Generaldebatte hielt der Fürst die folgende 
Rede: 
Meine Herren! Der Entwurf der Adresse verlangt einen Leiter der 
auswärtigen Angelegenheiten Bayerns, welchem das Vertrauen des Landes 
entgegengetragen würde. Er will damit offenbar sagen, daß mir dieses 
Vertrauen fehle. 
Die Adresse gibt Gründe hierfür nicht an, sie bezeichnet jenes Ver- 
langen als ein „unwillkürliches“ und weist nur ganz im allgemeinen auf 
bevorstehende Krisen und auf die Möglichkeit von Deutungen, deren die mit 
Preußen geschlossenen Verträge erfahrungsmäßig fähig seien. 
Auf dieses Gebiet der subjektiven unwillkürlichen Gefühle, der Anti- 
pathien und Sympathien, kann ich nicht eingehen. Wenn der Herr Refe- 
rent 1) und seine Parteigenossen und mit ihnen die Moajorität des Aus- 
schusses mich nicht für fähig halten, die Verträge mit Preußen in einer 
Weise zu deuten und vielleicht umzudeuten, wie sie den Anschauungen 
seiner Parteigenossen entspricht, so will ich darüber nicht streiten. 
Ich möchte aber der Debatte eine positive Grundlage schaffen, und 
deshalb erlauben Sie mir, daß ich schon jetzt Ihnen in kurzen Worten 
meine politische Tätigkeit während meiner dreijährigen Amtsführung dar- 
lege. Diese meine Ausführung kann aber nur darin bestehen, Sie auf 
die Grundsätze zu verweisen, mit welchen ich in das Ministerium getreten 
bin, und darzulegen, daß ich diesen Grundsätzen treu geblieben bin. 
  
1) Referent war Edmund Jörg, der Herausgeber der „Historisch-politischen 
Blätter“.
	        
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