Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 425
Meine Herren! Ich bin stolz darauf, daß ich damals jene Verhand-
lungen zu einem glücklichen Resultate geführt habe und daß es mir ge-
lungen ist, die Zustimmung beider Kammern zu dem Zollvereinsvertrag
zu erhalten und jene Abtrennung des Südens oder, um mich besser aus-
zudrücken, nachdem Württemberg und Baden der Erneuerung des Zoll-
vereinsvertrags zugestimmt hatten — die Abtrennung Bayerns von dem
übrigen Deutschland zu verhindern.
Eine weitere Frage, in der jene Grundsätze zur Anwendung gekommen
sind, war die gleichmäßige Gestaltung des deutschen Wehrsystems.
Ich beklage mit Ihnen die Lasten, welche dem Volke für militärische
Zwecke auferlegt werden, allein, meine Herren, so wenig angenehm Ihnen
diese Behauptung klingen mag, diese Lasten sind notwendig, um Bayern
das Schicksal zu ersparen, im Momente der Gefahr wehrlos dazustehen
und dann Opfer bringen zu müssen, im Vergleich zu welchen diejenigen
Leistungen, die wir jetzt für die Armee verlangen, eine Kleinigkeit sind.
Aber diese Lasten können auch deshalb nicht vermindert werden, weil wir
die Verpflichtungen erfüllen wollen, welche uns das Gesamtinteresse
Deutschlands auferlegt. Die Verträge, welche Süddeutschland zur Wahrung
der Integrität deutschen Gebiets mit Preußen abgeschlossen hat, waren
vorhanden, als ich ins Amt trat, und ich moöchte diese Gelegenheit nicht
vorübergehen lassen, ohne einem in der Presse aufgetauchten Vorwurf
entgegenzutreten. Ich nehme Anlaß, um mit Entschiedenheit hervorzu-
heben, daß ich diese Verträge nie geleugnet habe. Wenn ich in meiner
Rede vom 19. Januar 1867, wo ich das Geheimnis noch zu bewahren
hatte, den Inhalt jener Verträge als dasjenige hinstellte, was Bayern auch
aus allgemein politischen Gründen zu erstreben habe, so kann mir daraus
sicherlich ein Vorwurf nicht gemacht werden. Der Adreßentwurf betont
so entschieden, daß ein Vertragsbruch in Bayern unmöglich sei, daß ich
kein Wort in dieser Richtung weiter verliere.
Aber, meine Herren, es gibt eine zweifache Art des Vertragsbruchs, eine
offene und eine versteckte. Sollte der Allianzvertrag nicht illusorisch werden,
so mußte die Wehrkraft des Südens der des Nordens ebenbürtig gemacht
werden, nicht weil der Wortlaut des Allianzvertrags uns dazu verpflichtete,
sondern aus freiem Entschlusse und weil Bayern seiner Stellung, seiner eignen
Würde schuldet, ein wertvoller Alli#erter zu sein. Weil ich aber auch auf die
Gemeinschaft des Südens stets einen entscheidenden Wert gelegt habe, so wurde,
um diese Organisation möglichst gleichmäßig für Süddeutschland zu erzielen,
die Vereinbarung von Stuttgart im Februar 1867 getroffen, an welche
sich dann der Vertrag vom 10. Oktober 1868 sowie die Verhandlungen
der Liquidationskommission in diesem Sommer anschlossen, deren Resultate
bekannt sind. Wenn sich hieraus ergibt, daß die Regierung alles getan